Medizin vor Ökonomie und Bürokratie – Ärzte Codex der DGIM als Rettungsanker

Der Hartmannbund Bayern fordert, die mit dem traditionellen ärztlichen Ethos zunehmend unvereinbare Betrachtung der medizinischen Einrichtungen als Wirtschaftsunternehmen und Erwerbsinstitute zu korrigieren und den Ärzten zum einen wieder den ihnen zukommenden Einfluss auf die Lenkung der Gesundheitsversorgung zu ermöglichen und zum anderen den eigentlichen Bedürfnissen der Patienten gerecht zu werden.

Begründung:

Die Medizin mit ihren ärztlichen Akteuren und ihren Patienten ist heute im Griff einer sich primär als Wirtschaftsunternehmen verstehenden Spital- und Versicherungsbürokratie einerseits und von nichtärztlichen Investoren andererseits. Schon seit Jahren übernehmen teilweise börsennotierte Finanzinvestoren nicht nur Krankenhäuser, sondern mit den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) auch Einrichtungen in der ambulanten Medizin.

Durch die Finanzkraft solcher Investoren werden oft einerseits kurzfristig Investitionen möglich, die bei diesen Einrichtungen vorher – nicht selten zuvor in kommunaler Trägerschaft – nicht realisierbar waren. Andererseits erwarten sich solche nichtärztlichen Investoren naturgemäß, aber auch entsprechende Renditen. Diese werden in der Regel durch Einsparungen im Personalbereich und durch eine Konzentration auf finanziell attraktive Behandlungsmethoden erzielt. Im Rahmen der Kostensenkung übernehmen z.B. externe Dienstleister Aufgaben wie den innerklinischen Patiententransport oder in Reinigungsdiensten, verbunden mit allen Risiken für die Kranken.
Die zunehmende Arbeitsverdichtung und die damit einhergehenden psychischen Belastungen haben nicht nur die Krankenpflege unattraktiv werden lassen. Mittlerweile zeigen sich auch bei anderen medizinischen Assistenzberufen (z.B. MTA, Physiotherapeuten), aber auch auf der Ebene der Ärzteschaft ein zunehmender Personalmangel, der selbst mit Fachkräften aus dem Ausland nicht mehr aufzufüllen ist.

Die vom Klinik-Management geforderte Fokussierung auf lukrative Behandlungsmethoden und die fehlende Zeit für die menschliche Betreuung der PatientInnen wird von allen medizinischen Berufsgruppen mittlerweile als unethisch und massiv belastend empfunden. Auch angehende Ärztinnen und Ärzte erleben dies zum Teil bereits während des Studiums als abstoßend, was neben anderen Faktoren dazu beitragen mag, dass mittlerweile ein Drittel der Jungmediziner in die Wirtschaft oder in das Ausland abwandern, statt eine Weiterbildung an deutschen Krankenhäusern anzustreben. Jüngste Untersuchungen zeigen, dass Ärzte nur noch 14% ihrer Arbeitszeit in unmittelbarer Nähe (unter/gleich 1 m Distanz zum Patienten) ihrer Patienten verbringen. Wenn sich dieser Trend weiter fortsetzt, wird in absehbarer Zeit an entsprechend geführten Einrichtungen nicht mehr genügend medizinisches Personal zur Erwirtschaftung der erhofften Renditen zur Verfügung stehen.

Auch aus diesem Grunde könnte es sogar für Finanzinvestoren elementar sein, den von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) formulierten Ärzte-Kodex umzusetzen und sowohl die stationäre als auch die ambulante Gesundheitsversorgung wieder primär auf die Belange der erkrankten Menschen statt auf ökonomische Interessen auszurichten. Der Hartmannbund Bayern sieht in dem genannten Ärzte-Kodex eine gerechtfertigte mahnende Stimme und unterstützt die im Ärzte-Kodex der DGIM formulierten Zielvorgaben und fordert alle zuständigen politischen Akteure auf, die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.