Pohle: Patientenversorgung und sozialer Frieden in den Arztpraxen gefährdet

Der Referentenentwurf zum Patientendatenschutzgesetz (PDSG) schlägt weiterhin hohe Wellen in der Ärzteschaft. Der Vorsitzende des Landesverbandes Brandenburg im Hartmannbund und Rathenower Allgemeinmediziner Dr. Hanjo Pohle sieht in dem vorliegenden Entwurf den sozialen Frieden und die Versorgung in den Arztpraxen gefährdet.

„Das Vorhaben, alle untersuchungs- und behandlungsbezogenen medizinischen Informationen verpflichtend in die elektronische Patientenakte (ePA) zu übertragen ist völlig realitätsfern. Für das Einpflegen all dieser Informationen bräuchte es Jahre, dabei arbeiten die Praxen bereits jetzt am Limit.“ So betrage die durchschnittliche ärztliche Konsultationszeit pro Patient drei bis fünf Minuten – diese Arbeitsverdichtung führe dazu, dass auch das nichtärztliche Praxispersonal keine nennenswerten Zeitkapazitäten habe. Die Frage sei daher legitim, wie in den Arztpraxen zusätzliche digitale Prozesse gestemmt werden sollen, ohne die Patientenversorgung zu gefährden. „Zielführender schiene mir hier ein moderater, zeitgerechter digitaler Transformationsprozess mit wissenschaftlicher Evaluation, statt wie beabsichtigt einfach nur analoge Daten in digitale zu verwandeln, ohne zu wissen ob dies im Gesundheitskontext sinnvoll wäre.“

Zudem sieht Pohle Frust und Streit in Krankenhäusern, Praxen und MVZs vorprogrammiert: „Der Gesetzgeber verbindet die Erstbefüllung der ePA ausdrücklich mit einem Beratungsanspruch der Patienten. Angesichts der nachweislich geringen Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten sehe ich hier zermürbende Gespräche über Sinn und Unsinn der Versorgungsziele der ePA auf uns zukommen – von problematischen Aspekten der technischen Umsetzung oder des Datenschutzes ganz zu schweigen.“

Abschließend spricht Pohle die von dem Referentenentwurf ausgehende Signalwirkung für den ärztlichen Nachwuchs an: „Ich frage mich aber auch, wie wir überhaupt noch Ärztinnen und Ärzte motivieren sollen, sich niederzulassen. Obwohl wir bereits jetzt durchschnittlich 40 Prozent unserer ärztlichen Arbeitszeit für administrative Aufgaben aufwenden, reißt die Flut neuer administrativer Prozesse nicht ab, wie das PDSG zeigt.“