Müller: Ohne Lieferungen müssen wir dichtmachen

Angesichts der allen Ankündigungen zum Trotz immer noch nicht erfolgten Lieferung von Schutzausrüstungen werden die Rufe aus der Ärzteschaft, den Praxisbetrieb einzuschränken bzw. auszusetzen lauter.

Der Vorsitzende des Hartmannbund Landesverbandes Thüringen und Geraer Augenarzt Dr. med. Jörg Müller konkretisiert: „Schon aus Verantwortung für die Gesundheit des medizinischen Personals und der uns anvertrauten Patienten rufen wir aufgrund der sehr hohen Ansteckungsgefahr zur sofortigen Einstellung der Tätigkeit in Praxis und Klinik ohne entsprechende Schutzausrüstung auf.“  Entsprechend den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts dürfe ohne Schutzausrüstung aufgrund der hochgradigen Eigen- und Fremdgefährdung keine Patientenversorgung mehr erfolgen. Wer als Mediziner anders verfahre, handele leichtfertig und gefährde in unprofessioneller Weise nicht nur sich selbst, sondern riskiere auch das Leid vieler weiterer Menschen.

Müllers dringender Appell: „Das Virus ist brandgefährlich und es haben sich viele Ärzte und Schwestern infiziert – in Italien allein 1.600 – dazu gab es mehrere Todesfälle.“ Die Zahl der Patienten, die sich in Praxen aufgrund fehlender Schutzausrüstung von Ärzten und medizinischem Personal infiziert haben, dürfe noch um ein vielfaches höher liegen. „Um es nochmal zu betonen: Das Bestehen auf Schutzausrüstung ist keine Feigheit, sondern Voraussetzung für Selbst- und Patientenschutz. Beide gibt es nur zusammen. Das gilt um so mehr bei einer Virusinfektion, gegen die es keinerlei Impfprävention und – abgesehen von symptomatischer Behandlung – auch keine Therapie gibt.

Die Versorgung von Patienten in nicht aufschiebbaren Fällen müsse selbstverständlich sichergestellt werden, abhängig davon, wie lange die Materialvorräte in den Praxen reichen.

Enttäuscht zeigte sich Müller darüber hinaus vom letzte Woche veröffentlichten Brief des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn an die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. „Die eigene Verantwortung in der zugespitzten Gesamtsituation zumindest einmal anzusprechen – Stichwort ausgebliebene Reaktion auf entsprechende Lieferwarnungen aus der Industrie – hätte der Glaubwürdigkeit von Herrn Spahns Dankesschreiben an die Ärzteschaft sicher nicht geschadet.“ Der Bundesgesundheitsminister bezeichne die Ärzte als ersten Schutzwall im Kampf gegen das Coronavirus – ein Schutzwall könne jedoch nicht viel ausrichten, wenn es am Material fehle. „Zudem ist die Aussage, dass eine erste Auslieferung von Schutzausrüstung über die Kassenärztlichen Vereinigungen erfolgt sei – zumindest für Thüringen – bis zum heutigen Tag unzutreffend“, so Müller abschließend.