Sozialversicherungspflicht von Honorarärzten im Krankenhaus

Ärzte, die als Honorarärzte in einem Krankenhaus tätig sind, sind in dieser Tätigkeit regelmäßig nicht als Selbstständige anzusehen, sondern unterliegen als Beschäftigte des Krankenhauses der Sozialversicherungspflicht, entschied der 12. Senat des Bundessozialgerichts (BSG).

Bei einer Tätigkeit als Arzt sei eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht von vornherein wegen der besonderen Qualität der ärztlichen Heilkunde als Dienst „höherer Art“ ausgeschlossen. Entscheidend sei, ob die Betroffenen weisungsgebunden beziehungsweise in eine Arbeitsorganisation eingegliedert sind. Im streitgegenständlichen Fall war eine Anästhesistin wiederholt im Tag- und Bereitschaftsdienst und überwiegend im OP tätig. Die Kasseler Richter argumentierten in ihrer Entscheidung zudem damit, dass Honorarärzte ganz überwiegend personelle und sachliche Ressourcen des Krankenhauses bei ihrer Tätigkeit nutzten. So sei im vorliegenden Fall die Ärztin nicht anders als beim Krankenhaus angestellte Ärzte vollständig in den Betriebsablauf eingegliedert worden. Unternehmerische Entscheidungsspielräume seien bei einer Tätigkeit als Honorararzt im Krankenhaus regelmäßig nicht gegeben. Die Honorarhöhe sei nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien und im konkreten Fall nicht ausschlaggebend gewesen. Auch habe ein etwaiger Fachkräftemangel im Gesundheitswesen keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Versicherungspflicht. Sozialrechtliche Regelungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht könnten nicht außer Kraft gesetzt werden, um eine Steigerung der Attraktivität des Berufs durch eine von Sozialversicherungsbeiträgen „entlastete“ und deshalb höhere Entlohnung zu ermöglichen.

Fazit: Das BSG bestätigt mit diesem Urteil einmal mehr seinen restriktiven Kurs in Sachen Scheinselbständigkeit. Es setzt damit Maßstäbe auch für die behördliche Umsetzung. Die Deutsche Rentenversicherung richtete sein Augenmerk bereits in den letzten Jahren verstärkt auf den Bereich der freien Berufe, insbesondere auf die Tätigkeit von Juristen und Ärzten. Die entsprechenden Prüf- oder Statusfeststellungsverfahren fielen nicht selten zu Gunsten der Sozialversicherungspflicht aus. Hinsichtlich der ärztlichen Tätigkeit am Krankenhaus stellte das BSG nun erneut vor allem auf die Einbindung in den Organisationsablauf ab. Weil jedoch am Krankenhaus der Grad der Organisation regelmäßig sehr hoch ist, bleibt insofern der eigene, unternehmerische Einfluss der Honorarärzte per se gering. So ist wie im streitgegenständlichen Fall die Klägerin als Anästhesistin bei einer Operation selbstverständlich Teil eines Teams, das arbeitsteilig unter der Leitung eines Verantwortlichen zusammenarbeiten muss. Auch bei einer Tätigkeit als Stationsarzt, aber bei einer Praxisvertretung im Rahmen der ambulanten Versorgung müssen sich Honorarärzte in die vorgegebenen Strukturen und Abläufe einfügen. Nach der Argumentation des BSG wird die Bewertung der honorarärztlichen Tätigkeit als selbständige Tätigkeit künftig wohl noch mehr zur Ausnahme werden.

BSG, Urteil vom 04.06.2019 (Az.: B 12 R 11/18 R)