Gesundheitsversorgung – eine nationale Aufgabe im europäischen Kontext

Die Struktur der deutschen Gesundheitsversorgung steht im politischen Fokus, und im Kontext der Diskussion um eine Optimierung der stationären Versorgung werden Vergleiche mit europäischen Systemen gezogen. Eine bessere Vernetzung des ambulanten und stationären Sektors soll angestrebt werden. Die aktuelle politische Führung im Bund legt hier den Fokus auf eine Ambulantisierung aus der stationären Versorgung heraus und nicht auf ein gleichrangiges Zusammenwirken des ambulanten und stationären Bereichs.

Wir sind überzeugt, dass nur mit einer gemeinsamen Anstrengung der ambulant und stationär tätigen Ärztinnen und Ärzte mit MFAs, Pflege- und anderen Heilberufen die Verbesserung der Versorgung kranker und behandlungsbedürftiger Menschen auf hohem Qualitätsniveau gelingen wird. Dabei sollten wir Erfahrungen unserer europäischen Nachbarn, unter anderem in der Nutzung von Telemedizin, ambulanter und stationärer Vernetzung, Datenaustausch und Präventionsstrategien, einbeziehen.

Der Hartmannbund Landesverband Baden-Württemberg fordert die politisch Verantwortlichen auf, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine qualitativ hochwertige und dennoch finanzierbare Versorgung kranker Menschen in den Mittelpunkt stellen.

Hierzu gehören Regeln, die dafür sorgen, dass

  • wettbewerbliche Elemente in der Gesundheitsversorgung nur der Verbesserung der Versorgung dienen und eine unangemessene Gewinnabschöpfung verhindert wird. Dies kann durch eine Begrenzung von Investoren-getragenen Gesundheitseinrichtungen, wie z.B. MVZ, erfolgen.
  • ein Transparenzregister über die Trägerschaften von Gesundheitseinrichtungen aufgebaut wird, um Patienten und Ärzten eine bessere Informationsbasis zu bieten.
  • Vertrags- und Finanzierungsmodelle auf die Versorgung ausgerichtet werden, stationär und ambulant bedarfsgerecht kalkuliert sind und für alle Beteiligten hinreichend transparent gestaltet werden. Die neue GOÄ und eine Überarbeitung des EBM sind dringend erforderlich.
  • eine Fehlinanspruchnahme insbesondere von Notdienststrukturen deutlich vermindert wird. Hier können Informationskampagnen durch Politik und Krankenkassen, Verbesserung der Gesundheitskompetenz der Versicherten, einheitliche telefonische und telemedizinische Erreichbarkeit des Notdienstes und ggf. finanzielle Konsequenzen (z. B. Selbstbeteiligung der Patienten als Steuerungsinstrument) Lösungsoptionen sein.
  • die Finanzierung der unabhängigen Versorgungsforschung gestärkt wird und auf Basis der Ergebnisse Qualitätsstandards der Versorgung definiert werden, die die Grundlage für qualitätssichernde und -verbessernde Maßnahmen darstellen.
  • durchgehende sektorübergreifende Versorgungsprozesse ermöglicht werden und Gesetzgebung sich nicht auf einen Sektor konzentriert, wie aktuell bei der Krankenhausstrukturplanung.
  • Anreize für innovative Lösungen verbessert werden, um unter anderem Wissensdatenbanken und deren individuelle Nutzung mit Verfahren der künstlichen Intelligenz weiterzuentwickeln.
  • digitale Strukturen im Gesundheitswesen sicher, schnell und anwendungsorientiert gestaltet werden und rechtlich, kommerziell und wettbewerblich begründete Hindernisse zeitnahe abgebaut werden.

Straßburg, 01. Juli 2023