Primärarztsystem, Krankenhausreform und GKV: Politischer Sommergruß vom Landesvorsitzenden

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

das Sommerloch 2025 ist da. Wechselhaft wie das bisherige Wetter sind auch die berufspolitischen Nachrichten. Vorwiegend geht es mal wieder um Bürokratie, Geld, Krankenkassen und Primärärzte.

Laut einer Studie des Instituts für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen (IGMG, 2018) wird geschätzt, dass die Verwaltungskosten im deutschen Gesundheitswesen bei rund 15 % der Gesamtausgaben liegen, wobei ein Teil davon auf bürokratische Prozesse entfällt. Selbst die OECD berichtet, dass die Verwaltungskosten im deutschen Gesundheitssystem vergleichsweise hoch sind, was auf komplexe bürokratische Strukturen zurückzuführen ist. Selbst die Gesundheitsberichterstattung des Bundes (GBE) analysiert die Verwaltungskosten im Gesundheitswesen regelmäßig, und berichtet, dass die Verwaltungskosten etwa 10-20 % der Gesamtausgaben im Gesundheitssektor ausmachen. Das führt mich gleich zu zwei Punkten.

Kostenersparnis bei der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV): Sinnvoll und zwingend notwendig!
In verschiedenen politischen Diskussionen wird immer wieder betont, dass Bürokratiekosten gerade auch im Gesundheitswesen eine Herausforderung darstellen und Reformen notwendig sind, um Effizienz zu steigern. Diesem verschließen sich die gesetzlichen Krankenkassen konsequent, obwohl laut Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte die größten Einsparpotentiale im Gesundheitswesen besonders auch in einer Effizienzsteigerung bei der GKV zu erzielen wäre. Die ambulante Versorgung wird in dieser Studie explizit nicht beim Thema Einsparpotential erwähnt.

Ca. 47 Mrd. Euro (16% der Gesamtausgaben der GKV) werden für die ambulante Versorgung ausgegeben, bei der ca. 97% aller Behandlungsfälle medizinisch versorgt werden. Dem gegenüber stehen ca. 17 Mrd. Euro reine Verwaltungskosten der noch über 80 gesetzlichen Krankenkassen. Statt einer zwingend notwendigen Verschlankung und Effizienzsteigerung der GKV macht man sich dort Gedanken, die Versorgung vor Ort im Sinne der Krankenkassen (nicht zum Wohle der Patienten) umzugestalten, will in die Terminhoheit der Freiberufler eingreifen (später vielleicht auch in die der Krankenhäuser?). Wozu braucht man bei noch über 80 Krankenkassen ca. 175.000 Verwaltungsangestellte und über 80 Vorstände? Haben sie schon mal was von effizienter Digitalisierung und Kostenreduktion statt Einnahmesteigerung zu Lasten der Versicherten gehört? Oder muten sie das nur anderen zu? Finde den Fehler.

Krankenhausreform: Kostenexplosion durch Bürokratisierung zu erwarten?
Der Anteil der Bürokratie an den Kosten der Krankenhausreform in Deutschland lässt sich schwer genau beziffern. Er ist hängig von der Umsetzung der Reform, den administrativen Aufwänden und den jeweiligen Maßnahmen ab. Allgemein wird jedoch angenommen, dass Bürokratiekosten einen bedeutenden Anteil an den Gesamtkosten im Gesundheitswesen haben. Studien und Berichte schätzen, dass die Verwaltungskosten im Gesundheitssektor, inklusive der Bürokratie, zwischen 10 und 20 Prozent der Gesamtausgaben ausmachen können. Bei einer umfassenden Reform könnten diese Anteile vorübergehend steigen, da neue Prozesse und Strukturen etabliert werden. Bei der Finanzierung überwiegend durch die Beiträge der Versicherten eher schwer hinzunehmen. Wenn auch eine gut organisierte Bürokratie dazu beitragen kann, die Effizienz und Qualität der Versorgung zu verbessern, auch wenn sie kurzfristig zusätzliche Kosten verursacht.

Auch in anderen Punkten geht es um das liebe Geld:
Ambulantisierung von Leistungen im Krankenhaus: Einsparpotential bei Personalkosten für die Kliniken oder Irrweg?

Laut Bundesarbeitsgericht, Az.: 4 ABR 21/24 darf ein Krankenhaus bei gleicher Tätigkeit eine Medizinische Fachangestellte (MFA) deutlich schlechter bezahlen als eine Operationstechnische Assistenz (OTA). Das machte in dem verhandelten Fall ca. 250€ monatlich aus. Bei zunehmender Umstellung auf ambulante Operationen könnte also eine OTA im Krankenhaus durch eine MTA ersetzt werden, um Kosten für das Krankenhaus zu sparen. Ob als Krankenhaus jedoch eine solch strikte Trennung sinnvoll ist, das bleibt abzuwarten.

Und dann ist da noch…
Primärarztsystem: Ein zusätzlicher Baustein oder die Lösung?
Vereinfacht gesagt: Jeder Patient soll vor seinem Facharztbesuch erst mal zu einem Hausarzt und braucht eine Überweisung. Von den ca. 1 Mrd. Behandlungsfällen im Jahr sind ca. 400 Mio. beim Hausarzt, ca. 600 Mio. beim Facharzt, von letzteren ca. 100 Mio. bei zum Beispiel Augenärzten, die auch eine Art Primärarzt darstellen sollen. Wie soll denn unser derzeit schon an der Wand stehendes Hausarztsystem diese zusätzlichen Behandlungs- oder Überweisungsfälle meistern? Schon jetzt gibt es laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) ca. 5.000 nicht besetzte Hausarztstellen. Reicht eine einmalige Überweisung zum Facharzt für den dauerhaften Weiterbesuch dort, dann wäre das System eh nur ein Bürokratiemonster, dem die aktuell stark ausgelasteten Hausärzte ihrerseits kaum gewachsen sein dürften. Die Umstellung dürfte Jahre bis Jahrzehnte dauern, bis dahin ist ein großer Teil der aktuell aktiven Haus- und Fachärzte bereits im Ruhestand. Alleine für sich wird das Primärarztsystem eher keine sinnvolle Maßnahme für die notwendige Umgestaltung unseres Gesundheitssystems sein. Mit Spannung darf man daher Details zur Ausgestaltung abwarten.

Das Positive zum Schluss:
Mit unserer neuen Bundesgesundheitsministerin, Frau Nina Ingrid Warken, kam die Hoffnung auf eine sinnvolle und ideologiefreiere Gesundheitspolitik zurück. Man redet endlich wieder miteinander und hört sich zu. Etwas, was der ehemalige Bundesgesundheitsminister eher nicht zu seinen Fähigkeiten zählen konnte. Die Ära Lauterbach ist (endlich) vorbei. Hoffentlich.

Mit besten Wünschen allein ist es aber in der Gesundheitspolitik leider nicht getan. Trotzdem… Ich wünsche Ihnen einen schönen, erholsamen Sommer 2025 und beste Gesundheit.

Wir sehen uns im Hartmannbund Bremen.
Mit freundlichem Gruß Ihr
Michael Langholz
Hartmannbund Bremen, Landesvorsitzender

Eine schöne Sommerzeit wünscht der Landesverband Bremen