Hartmannbund Brandenburg fordert Folgeabschätzung

Der Landesverband Brandenburg im Hartmannbund fordert im Vorfeld der geplanten Einführung eines Primararztsystems wie anderer Gesetze mit weitreichenden Eingriffen in das Gesundheitssystem verbindliche wissenschaftlich gesicherte Folgeabschätzungen.

„Ein System der völlig freien Arztwahl auf ein verbindliches Primärarztsystem umzustellen, erfordert erheblich andere Rahmenbedingungen in der Gesellschaft und im Versorgungssystem Gesundheit. Bislang erleben wir ein System mit jahrzehntelanger Akzeptanz der uneingeschränkten Inanspruchnahme aller Versorgungsebenen durch Patientinnen und Patienten unter dem finanziellen Dogma der Beitragsstabilität, welche aufgrund der zurückgehenden sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze zunehmend bröckelt. Zusammen mit einer nur als prekär zu bezeichnenden Gesundheitskompetenz von rund 60 Prozent innerhalb der Bevölkerung führt dies zu der heute beobachtbaren „toxischen Mischung“ von Ineffizienz und Ineffektivität bei gleichzeitig steigendem finanziellen Druck auf das GKV-System. Dass diese problematische Gemengelage nun regelrecht nach mehr Steuerung ruft, ist vollkommen klar. Auch zeichnete sich diese Entwicklung ab, obgleich sie über viele Jahre leider politisch negiert wurde“, stellt der Vorsitzende des Brandenburger Hartmannbundes, Dr. Hanjo Pohle, klar.

Dennoch seien vermeintlich einfache Lösungen in der deutschen Gesundheitspolitik immer mit Vorsicht zu genießen. „Wenn in diesem hochkomplexen System eine Stellschraube gedreht werden soll, müssten die resultierenden Bewegungen anderer Schrauben im Getriebe mitbetrachtet werden. Alles andere birgt die Gefahr, dass sich bestehende Probleme nur verlagern, da die wirklichen Ursachen der Ineffizienz nicht angegangen werden. Dazu kommt, dass im internationalen Maßstab Primärarztsysteme nicht unbedingt preiswerter sind und auch die erhoffte Verbesserung der Terminsituation kaum realistisch ist. Unser Land liegt in Bezug auf geringe Wartezeiten im OECD-Maßstab gar mit an führender Stelle“, ergänzt die erste Stellvertretende Vorsitzende des Brandenburger Hartmannbundes, Dr. Antonia Stahl.  Nicht zuletzt sei vor allem eine Verunsicherung der gesundheitspolitischen Landschaft zu erwarten, doch ob die erhofften Verbesserungen einträten, sei unklar. Dies alles sei kaum im Interesse der Patientinnen und Patienten. Auch setze die Einführung eines Primärarztsystems voraus, dass im Vorfeld überhaupt einmal definiert werde, welche Gesundheitsziele verfolgt werden sollen – was bisher jedoch nicht erfolgt sei.

„Aus diesen genannten Gründen fordern wir die politisch Verantwortlichen auf, eine wissenschaftlich valide Folgeabschätzung dieser Maßnahme vorzunehmen, unter Beteiligung der Fachkompetenz der ärztlichen Selbstverwaltung. Wir müssen endlich von der Politik der letzten Legislaturen wegkommen – insbesondere der Bundesgesundheitsminister Spahn und Lauterbach –, die uns zwar eine Fülle von Gesetzen und Verordnungen im Schnelldurchlauf beschert haben, aber mit Blick auf eine Abschätzung der hervorgerufenen Folgen ein Totalausfall waren. Das Prinzip, solche Gesetze grundsätzlich erst bei den Leistungserbringern ‚reifen zu lassen‘, muss aufhören – dies erzeugt ein hohes Maß von Inakzeptanz und dadurch kontraproduktive Reibungsverluste“, teilt Ulrich Schwille, zweiter Stellvertretender Vorsitzender des Brandenburger Hartmannbundes, abschließend mit.