Hartmannbund fordert mehr Engagement von Klinikleitungen – „Arbeitsschutz ist Pflicht, auch bei Gewaltprävention“

Der Hartmannbund hat die Klinikleitungen aufgefordert, ihrer Verantwortung für den Arbeitsschutz des medizinischen Personals auch mit Blick auf die zunehmende Gewalt gegen Ärztinnen, Ärzte und Pflegepersonal gerecht zu werden. „Die Gewalt in Notaufnahmen aber auch auf den Stationen hat in den letzten Jahren ein besorgniserregendes Ausmaß erreicht. Ärztinnen und Ärzte sowie ihre Teams sind immer öfter verbalen und körperlichen Übergriffen – oft durch Patient:innen oder deren Angehörige ausgesetzt“, sagt Prof. Dr. Volker Harth, Vorsitzender des Arbeitskreises Gesundheitsdienste im Hartmannbund. Wenn Gewaltprävention nicht konsequent umgesetzt werde, entstehe bei Beschäftigten das Gefühl, dass Übergriffe stillschweigend toleriert würden. „Klinikleitungen tragen eine klare Verantwortung für den Schutz ihrer Mitarbeitenden. Arbeitsschutz darf nicht bei ergonomischen Stühlen enden – er muss auch psychische und physische Sicherheit umfassen. Arbeitsschutz ist Pflicht, auch bei Gewaltprävention“, so der Arbeitsmediziner.

Nach dem Arbeitsschutzgesetz sind Klinikleitungen als Arbeitgeber verpflichtet, Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen und Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten zu ergreifen. Dazu zählen auch Schutz- und Präventionskonzepte gegen Gewalt am Arbeitsplatz. Dennoch zeigen Studien, dass viele Kliniken bislang nur auf schwerwiegende Vorfälle reagieren – etwa durch das Hinzuziehen von Sicherheitspersonal. Alltägliche Gewaltsituationen bleiben hingegen häufig unbeachtet.

Laut einer repräsentativen Befragung unter Beschäftigten in der Notfallversorgung haben innerhalb eines Jahres 88 Prozent körperliche und 97 Prozent verbale Gewalt durch Patient:innen erlebt. Die Folgen reichen von körperlichen Verletzungen bis hin zu psychischen Belastungen wie Angstzuständen und Depressionen. In Zeiten des Fachkräftemangels ist es umso wichtiger, sichere Arbeitsbedingungen zu schaffen, um Personal zu halten und die Versorgungsqualität zu sichern. „Diese Entwicklung gefährdet sonst nicht nur die Gesundheit der Beschäftigten, sondern auch die Funktionsfähigkeit unseres Gesundheitswesens“, zeigt sich Harth überzeugt.

Um dem wachsenden Problem wirksam zu begegnen, fordert der Hartmannbund ein verbindliches Vorgehen: Alle medizinischen Einrichtungen müssen Präventionskonzepte entwickeln und regelmäßig Schulungen zu Deeskalation und Selbstschutz anbieten. Gewaltvorfälle sollen zudem niedrigschwellig gemeldet und vollumfänglich erfasst werden, damit sie nicht im Verborgenen bleiben. Ergänzend bedarf es auch staatlicher Unterstützung – sowohl durch gesetzliche Verschärfungen als auch durch breit angelegte Informationskampagnen.

„Gewalt gegen medizinisches Personal darf nicht als Berufsrisiko hingenommen werden“, so Harth abschließend. „Es ist Zeit, dass Klinikleitungen ihrer Verantwortung im Arbeitsschutz gerecht werden und so auf Grundlage staatlicher Regelungen das Schutzniveau von Beschäftigten im Gesundheitswesen erhöhen.“