Der Hartmannbund Landesverband Rheinland-Pfalz bewertet die durch das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit verabschiedeten Maßnahmen zur Erhöhung und Vergabe der Studienplatzkapazitäten für das Fach Humanmedizin an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz zwiegespalten.
„Die Erhöhung der Studienplätze auf jährlich 500 zum Wintersemester 2024/2025 wird aufgrund des baulichen Zustandes der Universität unweigerlich zu Platzproblemen und demzufolge zu Qualitätsabstrichen in der medizinischen Ausbildung führen. Daran ändert auch Clemens Hochs Bekräftigung einer räumlichen Entzerrung für den klinischen Abschnitt durch den Medizincampus in Koblenz (ab dem 5. Fachsemester) und dem in Trier (ab dem 7. Fachsemester) nichts. Nach wie vor existieren keinerlei Erweiterungen, die für einen Ausbau der vorklinischen Ausbildung bis zur ersten ärztlichen Prüfung in Mainz selbst notwendig wären. Überholtes Material, unzureichende Lehrmethoden und ausbleibende Digitalisierungsformate treffen somit auf den nun zu erwartenden Platzmangel im vorklinischen Lehrzentrum,“ so Fabian Peter, studentischer Vertreter des Hartmannbundes in Mainz.
„Alleine im Bereich der anatomischen Ausbildung, welche gegenwärtig für das 2. und 3. Fachsemester gemeinsam durchgeführt wird, grenzt eine noch weitere Erhöhung an puren Hohn. Der dafür vorgesehene Hörsaal mit nur 300 Sitzplätzen platzt bereits jetzt aus allen Nähten, wie soll dies erst mit einer Kohorte von 500 pro Kurs umgesetzt werden? Eine schlichte Verlagerung in den digitalen Raum kann und darf nach der COVID-19 Pandemie nicht als bequeme Dauerlösung etabliert werden.“ zeigt sich Peter mangels der Alternativangebote besorgt.
Der Landesverband und die studentischen Vertreter sind sich einig, dass die Studienplatzzahl erhöht werden muss, um den steigenden Bedarf an medizinischem Fachpersonal zu stillen. Es darf aber nicht in einer politischen Kurzschlussreaktion münden, die sowohl die baulichen Voraussetzungen der Medizinischen Fakultät, die Beibehaltung der Qualitätsstandards in der ärztlichen Ausbildung und letztlich die Unterbringung neuer Medizinstudierender in der Stadt ignoriert. Begrüßenswert sei auch die Kooperation mit der Bundeswehr am Standort Trier, welche eine hervorragende Erweiterung der praxisorientierten ärztlichen Ausbildung darstellt und wichtige Synergien ermöglicht. Dies jedoch zu Lasten der medizinischen Grundausbildung am Mutterstandort Mainz zu etablieren, ist aus Sicht des Landesverbandes äußerst kritisch zu betrachten. Insgesamt drängt sich die Frage auf, ob das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium hier nicht vor allem eine eigene PR-Kampagne zum Innovationsstandort Mainz forciert und weniger die ärztliche Ausbildungsqualität in den Mittelpunkt stellt.
Der Landesvorsitzende, Dr. (B) Christian Schamberg-Bahadori, hebt daher auf die grundlegend defizitären Strukturbedingungen im Bundesland ab: „Nach aktuellen Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz liegt der Anteil an Ärztinnen und Ärzten mit einem Lebensalter über 60 Jahren bei 40%. Die jetzige kurzfristige Intervention hätte einerseits früher erfolgen müssen, um dieser alarmierenden Statistik erfolgreich entgegenwirken zu können und andererseits stehen die jetzt in Ausbildung befindlichen Studierenden den großen Herausforderungen des demografischen Wandels der nächsten Jahre noch nicht zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund fordern wir von den politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern die Entwicklung langfristiger Strategien und ganzer Maßnahmenbündel, die die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung auch in Zukunft garantieren und effektiv ärztliche Ressourcen einsetzen und nutzbar machen. Das Problem ist nicht unmittelbar die mangelnde Anzahl an zur Verfügung stehenden Ärztinnen und Ärzten, sondern der ineffektive Einsatz dieser in der gesamten Versorgungslandschaft. Eine Lösung kann sicherlich nicht darin liegen, junge Medizinstudierende via Landarzt- oder Kinderarztquoten zu binden und sie bereits vor Abschluss ihres Studiums in eine Richtung drängen zu wollen, um die langjährige gesundheitspolitische Schieflage zu kaschieren.“
Der Landesverband Rheinland-Pfalz fordert vom Land daher durchdachtere und ganzheitliche Ausbaustrategien für die medizinische Ausbildung, die zukunftsorientiert angelegt sind und zugleich Flexibilisierungen ermöglichen, um permanente Rückkopplungen mit aktuellen Anforderungen an eine hochqualitative Versorgungslandschaft zu garantieren und die Möglichkeit, diese auch beständig zu evaluieren.