Kirchturmpolitik gefährdet die Versorgungssicherheit im Saarland

Der Landesverband Saarland des Hartmannbundes kritisiert mit Nachdruck die fortgesetzte Kirchturmpolitik in der Krankenhauspolitik des Saarlandes. Statt tragfähiger, regional abgestimmter Lösungen dominieren noch immer lokalpolitische Einzelinteressen, die eine dringend notwendige strukturelle Reform blockieren und die Versorgungssicherheit der Bevölkerung gefährden.

„Das Saarland leistet sich den Luxus, über jeden Versorgungsstandort einzeln zu streiten, während ganze Regionen bereits jetzt unter Ärztemangel, überlasteten Notaufnahmen und einer instabilen Krankenhauslandschaft leiden“, erklärt der Vorsitzende, Dr. Jens Danielczok. „Wir erleben seit Jahren, dass kommunale Besitzstandswahrung über medizinischen Sachverstand gestellt wird.“

Besonders deutlich werde dies aktuell in der Planungsregion des nördlichen Saarlandes (Landkreis St. Wendel und Neunkirchen). Trotz klarer struktureller Unterschiede zwischen den Standorten werde über die Zukunft der Klinikversorgung nicht primär anhand von Versorgungsbedarf, Leistungsprofilen oder Wirtschaftlichkeit entschieden, sondern unter dem Einfluss lokaler politischer Interessen. So wird mit der Marienhaus-Klinik auf dem Kohlhof ein modernes, leistungsfähiges und baulich jüngeres Krankenhaus zur Disposition gestellt, während das Diakonieklinikum Neunkirchen als älterer, sanierungsbedürftiger Standort politische Unterstützung und dreistellige Millionenbeträge erhalten soll. Die Tatsache, dass kommunale Entscheidungsträger, die zugleich Gesellschafter eines betroffenen Trägers sind, unmittelbar in die Verhandlungen eingebunden werden, wirft Fragen nach der Unabhängigkeit und Objektivität des Entscheidungsprozesses auf.

„Ein Standort, der sein eigenes Überleben politisch erzwingt, gefährdet die Versorgung und sichert diese nicht.“, betont Danielczok. „Wenn erhebliche Investitionsmittel in einen erkennbar strukturell überholten Standort fließen sollen, ist das ein Symptom politischer Schieflagen und keinesfalls Ausdruck fachlicher Notwendigkeit. Anstatt ein zukunftsfähiges Gesamtkonzept zu entwickeln, diskutieren wir darüber, welcher Bürgermeister welches Krankenhaus behält. Das ist gesundheitspolitisch unverantwortlich. Am Ende leidet unter solchen Entscheidungen vor allem die Patientenversorgung und -sicherheit.“ Bereits die Bildung einer Bürgerinitiative, die sich für den Erhalt der leistungsfähigen Marienhaus-Klinik ausspricht, zeigt, wie groß die Verunsicherung innerhalb der Region inzwischen ist.

 Die aktuelle Krankenhausplanung im Saarland verdeutlicht aus Sicht des Hartmannbundes, wie dringend ein Paradigmenwechsel notwendig ist: weg von lokalpolitischen Verhandlungen und hin zu einer unabhängigen, epidemiologisch und wissenschaftlich gestützten Bedarfsplanung, wie sie in anderen Bundesländern bereits erfolgreich umgesetzt wird. Der Hartmannbund fordert daher die Landesregierung sowie die kommunalen Entscheidungsträger auf, endlich eine transparente, medizinisch begründete Landesversorgungsstrategie vorzulegen, die mindestens folgende Punkte umfasst: Unabhängige und evidenzbasierte Analysen des epidemiologischen Versorgungsbedarfs als Grundlage aller Strukturentscheidungen, konsequente Zentrenbildung statt künstlicher Standorterhaltung, Stärkung der ambulanten Strukturen, insbesondere im ländlichen Raum, attraktive Arbeitsbedingungen, um ärztlichen Nachwuchs ins Saarland zu holen, Entpolitisierung zentraler Versorgungsentscheidungen durch unabhängige Fachgremien und verbindliche regionale Kooperation statt lokaler Konkurrenz.

„Wir brauchen medizinische Realität statt politischer Symbolpolitik“, so Danielczok abschließend. „Nur wenn wir das Kirchturmdenken überwinden, kann das Saarland eine stabile, hochwertige und nachhaltige Gesundheitsversorgung sicherstellen.“