„Die gesetzliche und private Krankenversicherung in Deutschland weisen bei der Terminvergabe Unterschiede auf“, so Michael Langholz, Landesvorsitzender des Hartmannbundes Bremen. „Diese lassen sich aber auf verschiedene strukturelle und finanzielle Aspekte zurückführen, die in der geführten Diskussion von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bewusst keine Berücksichtigung finden.
Vergessen wird von der GKV gerne, dass Honorare und Fallzahlen für gesetzlich versicherte Patienten festen Budgets und Obergrenzen unterliegen, was alleine schon die Zahl der Behandlungs- und Terminmöglichkeiten für gesetzlich Versicherte durch die Vorgaben der GKV und der Politik begrenzt. Damit soll eine Überbeanspruchung vermieden werden. Dabei werden die erbrachten Leistungen noch nicht einmal bundeseinheitlich voll vergütet. Patienten, die außerhalb der Regulierung behandelt werden, müssen ohne Kostenerstattung behandelt werden. Die Vergütung für privat Versicherte (PKV) erfolgt nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und ist in der Regel unabhängig davon, wie viele Patienten behandelt werden. Die Erstattung liegt in der Regel über den Sätzen der GKV ohne Einschränkungen durch Budgetierung und werden durch die Privatversicherten selbst über ihre PKV getragen.“
Die pro Behandlung höheren Einnahmen durch die PKV dienen auch dazu, eine Arztpraxis kostendeckend am Laufen zu halten. „Dies kommt auch den GKV-Patienten zu Gute“, führt der Facharzt weiter aus. „Diese absolut notwendige Mischkalkulation ist es, welche die Anzahl der GKV-Patienten alleine durch die Praxisökonomie limitiert.“
Aufgrund des Budgetierungsproblems und der hohen Zahl an GKV-Patienten in der Praxis müssen diese dann gegebenenfalls länger auf Routinetermine warten, insbesondere bei Fachärzten. „Notfallpatienten werden aber immer und zeitnah behandelt, egal ob GKV- oder PKV-versichert. Das gebietet die ärztliche Ethik“, so Langholz. „Jedoch liegt gerade in Notaufnahmen oft die Wahrheit zwischen echtem Notfall und Wahrnehmung des Patienten manchmal weit auseinander.“
Obwohl es in Deutschland Unterschiede zwischen GKV- und PKV-Patienten gibt, zeigt sich im europäischen Vergleich, dass die Wartezeiten insgesamt moderat sind. Länder wie Großbritannien oder Schweden weisen oft längere Wartezeiten auf, insbesondere bei planbaren Eingriffen oder Facharztterminen. „In Deutschland erhalten auch gesetzlich Versicherte meist binnen weniger Wochen einen Termin, was in vielen EU-Ländern deutlich länger dauern kann. Das wird gerne unterschlagen“ moniert der niedergelassene Facharzt für Augenheilkunde.
Ergänzend hierzu führt der Mediziner an: „Gesetzliche Krankenkassen streben jetzt auch an, die Terminvergabe zu regulieren, um Diskriminierungen bei der Terminvergabe zwischen GKV- und PKV-Patienten zu reduzieren. Dabei sind sie selbst mit ihrer Budgetierung und Regulierung Hauptursache der von ihnen angesprochenen und angemahnten Unterschiede. Die Budgetierung im GKV-System schafft wirtschaftliche Zwänge für Ärzte und nimmt maßbeglich Einfluss auf die Versorgung der gesetzlich Versicherten. Sie ist das Kernproblem neben zunehmender Verwaltungsakte und Bürokratisierung. Denkbare Maßnahmen wären eine Entbudgetierung auf bundeseinheitlichem Niveau, das auch dann entsprechend den Verhandlungen bundeseinheitlich voll ausgezahlt wird. Das wurde von der vorletzten Bundesregierung unter anderem bei den Logopäden gesetzlich festgelegt. Ganz nach dem Motto: ‚Gleiches Geld für gleiche Leistung, bundesweit.‘ Angepasste Honorarerhöhungen für GKV-Leistungen könnten zudem wirtschaftliche Anreize schaffen, mehr GKV-Patienten aufzunehmen.“
Eine Offenlegungspflicht für Termine in Arztpraxen, verbindliche Fristen oder eine staatsgeleitete beziehungsweise GKV-intrigierte Regulierung von Arztterminen erteilt Langholz auch deshalb eine klare Absage. „Dies ginge allenfalls mit einer deutlichen Deregulierung, Entbudgetierung und Honorarsteigerung.“ Langholz weiter: „Wenn von politischer und GKV-Seite eine reine Staatsmedizin gefordert ist, dann soll man das uns allen klar sagen. Man muss sich dann aber auch der Konsequenzen bewusst sein. Auch die dann staatlichen Krankenkassen.“ Diese wären dann auf keinen Fall kürzere Wartezeiten oder weniger Reglementierung.
„Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass Unterschiede bestehen, jedoch im europäischen Kontext die Wartezeitproblematik in Deutschland weniger gravierend ist. Die Hauptursache liegt in der Budgetierung, die GKV-Patienten strukturell benachteiligt. Unendliche Leistung ist mit endlichen Ressourcen noch nie möglich gewesen“, resümiert Langholz.