Adventsgedanken zur Lage der Gesundheitspolitik in Deutschland

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Adventszeit ist traditionell eine Zeit des Innehaltens, in der wir vieles Revue passieren lassen und unsere Wünsche und Pläne für das neue Jahr fassen. Ich wende mich darum heute mit einigen Gedanken an Sie. Zunächst möchte ich die Gelegenheit für eine kurze Vorstellung nutzen:

Vor kurzem erst bin ich als Ihr neuer Landesvorsitzender im Hartmannbund Bremen gewählt worden. Für alle, die mich noch nicht kennen, hier eine kurze Vita.

Ich, Michael Langholz, bin geschieden, 2 Kinder, wohnhaft in Bremen. Augenarzt in Einzelpraxis. Ich bin bereits viele Jahre im Landesvorstand Bremen u.a. als Finanzbeauftragter aktiv und war u.a. bereits Delegierter in der Ärztekammer Bremen sowie Sozialrichter am Sozialgericht in Bremen. Aktuell bearbeite ich im Hartmannbund durch meine Mitgliedschaft in den entsprechenden Arbeitskreisen die Themen ambulante Versorgung und öffentliches Gesundheitswesen. Für die Zukunft wünsche ich mir eine engere Zusammenarbeit mit der Basis im Hartmannbund Bremen und die Integration neuer, aktiver Mitglieder im Landesverband. Unter anderem versuche ich das durch verstärkte interne Kommunikation, aber auch durch Veranstaltungen und Zusammenarbeit mit allen anderen Playern im Gesundheitswesen in Bremen zu erreichen.

Nun zu den drängenden Themen und dem eigentlichen Grund meines Schreibens: Meine Adventsgedanken zur Lage der Gesundheitspolitik in Deutschland.

Kürzlich hatte ich mich noch in einer E-Mail mit Informationen zum leidigen Thema Neupatientenregelung an Sie wenden dürfen. Das Gesetz ist nun beschlossen. Leider ist das nicht die einzige, uns direkt betreffende Änderung, die über uns hereinbrechen wird.

Neupatientenregelung und Nullrunden sind das Eine. Die per Gesetz verabschiedete Triageregelung war zu erwarten und kam leider so wie sie jetzt eben ist. Die kurzfristig vor der Verabschiedung eingebrachte und jetzt im „Pflegegesetz“ mit verabschiedete Erlaubnis der Kliniken zur Teilnahme an der ambulant-operativen Versorgung (Stichwort „Ambulantisierung“) kam dann – freundlich formuliert – „überraschend“, sodass hier nur über die möglicherweise gravierenden Folgen für die ambulante Versorgung spekuliert werden darf.

Positivistisch wäre zwar eine Reduktion der stationären Behandlungen und eine für alle Beteiligten gleiche und zumindest kostendeckende, operative Versorgung wünschenswert. Negativistich wird wohl, bei der nun zunehmenden Anzahl an Playern im System der ambulanten Versorgung, die Geldmenge im System gleichbleiben und nur auf mehr Köpfe verteilt. Und das bei fehlenden Ideen wie eine Vergütung zwischen Klinik- und ambulantem Alltag ausgewogen und ausreichend gestaltet werden kann.

Ebenso wird es nicht mehr von uns Ärztinnen und Ärzten geben. Stattdessen sehen wir für die Zukunft einen deutlichen Anreiz für Kliniken, lukrative Ambulanzzentren entstehen zu lassen. Aber an wem bleibt die operative Nachsorge der zusätzlichen, ambulanten Operationen von angeblich unterbesetzten Kliniken hängen? Diese Menschen werden bei den ambulanten Versorgerinnen und Versorgern laden, von denen in den nächsten Jahren immer weniger vorhanden sein werden. Insgesamt wirken diese Planungen allesamt sehr spekulativ und noch inhaltslos, wie auch die Begriffshülsen „Hybrid-DRG“ und „Gesundheitskiosk“.

Das leidige Thema der neuen GOÄ möchte ich eigentlich nur kurz anreißen. Nach 1996 liegt ja nun erstmals unsere neue GOÄ fertig auf dem Tisch des Gesundheitsministeriums unter Prof. Lauterbach. Eigentlich muss sie nur noch vom Ministerium als Aufsichtsbehörde verabschiedet werden. Eigentlich.

Wäre da nicht das Problem, dass es aktuell politisch nicht „en vogue“ ist. Fast wie eine fertige Doktorarbeit, die auf dem Papierstapel des betreuenden Doktorvaters Jahre liegt, bis der drängende Doktorand endlich den nächsten Schritt auf dem Weg seines Doktortitels gehen kann. So lässt auch der Minister die fertige GOÄ in der Schublade liegen und Staub ansetzen. Sind ihnen 26 Jahre nicht genug, Herr Prof. Lauterbach? Einen Passus zur „Ambulantisierung“ in einem Gesetz unterzubringen hat doch auch nur ein paar Tage geraucht.

Vielleicht sollte man mal einen Eilantrag beim Bundessozialgericht erwirken, um etwas Schwung in die Sache mit der GOÄ zu bringen? Auf ein paar Tage mehr oder weniger, die ein solcher Antrag braucht, kann ich zumindest dann nach 26 Jahren auch noch warten.

Dazu eine kleine Anekdote am Rande: die Gebührenordnung für die Tiermedizin ist mal eben so verabschiedet worden. Offenbar hat für Herrn Prof. Lauterbach das Tierwohl hier einen höheren Stellenwert? Auch in puncto Versteuerung von Arzneimitteln ist dies ja festzuhalten: bei Arzneien für Tiere liegt der Steuersatz bei 7%, bei humanmedizinischen Arzneimitteln bei 19%. Warum? Die Anpassung hier hätte bereits einen Teil des großen Milliardenlochs der gesetzlichen Krankenkassen stopfen können. Aber ich will nicht noch ein Themengebiet aufmachen.

Wie Sie sehen, liegt eine turbulente Zeit hinter uns – und ebenso vor uns. Das soll es jetzt aber erst einmal gewesen sein mit meinem kleinen, eher bundespolitischen Gedanken zur Adventszeit. Als Verband wollen wir auch im nächsten Jahr an den wichtigen Themen weiterarbeiten, unsere Stimme hörbar machen und Ihre Interessen vertreten, sowohl bei lokalen Fragen, Projekten und Kritikpunkten in und rund um Bremen, als auch im größeren Maßstab bei den bundesweiten Themen.

Ihnen allen wünsche ich nun aber eine schöne Weihnachtszeit, eine guten Rutsch in ein erfolgreiches, neues Jahr 2023, Gesundheit und Glück.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
Michael Langholz
Landesvorsitzender Hartmannbund Bremen