Versorgung kranker Menschen – eine ganzheitliche Aufgabe im Gesundheitswesen

Die Gesundheitsversorgung in Deutschland findet in einem gegliederten System statt, das trotz einer positiven Entwicklung noch immer durch eine eingeschränkte Durchlässigkeit zwischen ambulantem und stationärem Sektor und nur begrenzte Kooperation zwischen den Professionen im Gesundheitswesen geprägt ist. Bei der Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung sollte der kranke und behandlungs­bedürftige Mensch im Mittelpunkt stehen. Für die Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung sind ein Austausch und Dialog zwischen Vertretern der Gesundheitsberufe als Akteure und Träger der Gesundheits­versorgung, der Hochschulen sowie der Gesundheitspolitik erforderlich.

Der Hartmannbund Landesverband Baden-Württemberg fordert die politisch Verantwortlichen auf, Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Versorgung kranker Menschen in den Mittelpunkt stellen. Hierzu gehören Regeln, die dafür sorgen, dass

  • Vertrags- und Finanzierungsmodelle auf die Versorgung ausgerichtet werden und für alle Beteiligten hinreichend transparent gestaltet werden;
  • adäquate Vergütungen von interdisziplinär erbrachten Leistungen in der ambulanten und stationären Versorgung (z. B. in der Pädiatrie oder Psychiatrie) sichergestellt werden;
  • wettbewerbliche Elemente in der Gesundheitsversorgung nur der Verbesserung der Versorgung dienen und eine unangemessene Gewinnabschöpfung verhindert wird;
  • Selbstverwaltungsmechanismen auf die Versorgung ausgerichtet bleiben und nicht als Verteilungsmechanismen knapper Mittel dienen;
  • Selbstverwaltung nicht überbürokratisiert wird;
  • die unabhängige Versorgungsforschung gestärkt wird und auf Basis der Ergebnisse Qualitätsstandards der Versorgung definiert werden;
  • durchgehende Versorgungsprozesse ermöglicht werden und Gesetzgebung sich nicht vorrangig sektoral orientiert (wie z. B. bei Zulassung von Vertragsärzten, Krankenhaus­bedarfsplanung);
  • Anreize für innovative Lösungen verbessert werden, um unter anderem Wissensdaten­banken und deren individuelle Nutzung mit Verfahren der künstlichen Intelligenz weiterzu­entwickeln;
  • digitale Strukturen im Gesundheitswesen sicher, schnell und anwendungsorientiert gestaltet werden und rechtlich, kommerziell und wettbewerblich begründete Hindernisse zeitnahe abgebaut werden.

Im gesellschaftlichen und politischen Diskurs muss die gemeinschaftliche Verantwortung für die Versorgung kranker Menschen und die Prävention stärker hervorgehoben werden. Die politisch Verantwortlichen sollten Rahmenbedingungen in Studium und Ausbildung sowie beruflichem Umfeld schaffen, die eine Vernetzung zwischen allen Beteiligten in der Versorgung besser realisieren lassen.

Voraussetzungen für ein kooperatives Zusammenwirken der Gesundheitsberufe sind Kompetenzen in Führung und Organisation. Hier müssen das Medizinstudium und die ärztliche Weiterbildung Grundlagen vermitteln und praxisorientierte Aufbaustudien anbieten. Fähigkeiten der Organisation und des kooperativen Führens sollten vermittelt werden. Eine Zusammenarbeit in flachen Hierarchien hat entscheidenden Einfluss auf die Patienten­sicherheit und die Sicherstellung und Weiterentwicklung einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung.

 

Nürtingen, 25.06.2022