Die Arbeitsbelastung für Ärztinnen und Ärzte in der Weiterbildung ist weiterhin problematisch. Dies gilt auch für den Umgang mit ärztlicher Arbeitszeit. Wo die Probleme im Detail liegen, macht eine Umfrage des Hartmannbundes deutlich, an der sich in den letzten Wochen rund 500 junge Ärzt:innen beteiligt haben.
Etwa 70 Prozent der Befragten gaben an, die gesetzlich vorgeschriebenen Pausenzeiten nicht einhalten zu können. Trotz entsprechender EU-Gesetzgebung ist die Dokumentation von Überstunden für über 40 Prozent der angestellten jungen Ärztinnen und Ärzte nicht oder nur eingeschränkt möglich. Die Gründe dafür sind offensichtlich weitestgehend einheitlich: Entweder verhindern die digitalen Systeme oder die Chefetage die Dokumentation. „Wer Überstunden macht, ist nicht auf Facharztniveau und bekommt kein Zeugnis vom Chef“. Beispiele wie dieses finden sich immer wieder in den Freitextantworten der Umfrage-Teilnehmer. „Das zeigt, dass wir endlich den schon lange überfälligen Kulturwandel im Krankenhaus brauchen. Die bestehenden Personalprobleme in der Patientenversorgung können wir nicht langfristig durch unbezahlte Überstunden ausgleichen, sondern nur durch ein effizienteres System, eine optimierte Arbeitsweise und – mehr Personal“, ist für Dr. med. univ. Caroline Rinkel, Sprecherin des Assistenzärzt:innenausschusses des Hartmannbundes klar.
Tatsächlich bezeichnen über 40 Prozent der Befragten die Personalsituation bei ihrem Arbeitgeber als mangelhaft. Immerhin mehr als jedem zehnten Weiterzubildenden fehlt eine Ansprechperson für fachliche Fragen, sodass es nicht verwundert, wenn 36 Prozent der Betroffenen bereits über einen Berufswechsel nachgedacht haben. Neben dem Personalmangel wird dieser Gedankengang überwiegend mit einer hohen Dienstbelastung und wenig Freizeit, wenig Zeit für die ärztliche Weiterbildung und mangelnder Wertschätzung begründet.
Trotz der angespannten Personalsituation scheinen die meisten Arbeitgeber noch keine Notwendigkeit für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu sehen. Etwa 86 Prozent der Befragten haben keine Möglichkeit remote zu arbeiten, in Prozessoptimierungen werden nur 17 Prozent eingebunden und nur bei 24 Prozent der Befragten gibt es Angebote zur Stressreduktion oder Prävention, die dann jedoch aus Zeitgründen oftmals von den ärztlichen Angestellten nicht wahrgenommen werden können.
Auch im Bereich Digitalisierung geht es nur schleppend voran. Doppeldokumentationen gehören für 70 Prozent immer noch zum Arbeitsalltag. Ein Diensthandy steht nur etwa der Hälfte der Umfrageteilnehmenden zur Verfügung, ein Tablet sogar nur 10 Prozent. Für über 90 Prozent gehören Probleme mit der IT-Infrastruktur zum ganz normalen Arbeitsalltag. Für Jan Baumann, ebenfalls Sprecher des Ausschusses, ist klar: „Die Arbeitgeber und die technische Ausstattung vieler Kliniken sind irgendwo im vergangenen Jahrzehnt stehengeblieben. Die Bedingungen entsprechen nicht mehr unserer Zeit. Es braucht funktionierende Arbeitszeitmodelle, New Work-Ansätze, Homeofficemöglichkeiten und eine riesige Veränderung in Sachen Digitalisierung, damit junge Ärztinnen und Ärzte auch nach Erreichung des Facharztes gerne in den Kliniken weiterarbeiten. Zurzeit kann sich das nur etwa ein Viertel vorstellen. Damit werden wir die Versorgung unserer Patient:innen nicht bewältigen können – nicht zuletzt mit Blick auf eine immer älter werdende Gesellschaft. Wir brauchen Veränderungen – jetzt.“