Hartmannbund lehnt Substitution des Arztes in der Notfallversorgung strikt ab

In dem vor drei Wochen von der Regierungskommission vorgelegten Konzept zur Reform des Rettungsdienstes besteht aus Sicht des Hartmannbund Landesverbandes Brandenburg Nachbesserungsbedarf. „Mit den Reformvorschlägen der Regierungskommission für den Rettungsdienst soll die Versorgung der Bürger in der gesamten Bundesrepublik vereinheitlicht und angeblich verbessert werden. Hier werden aus akuten derzeitigen, zum Teil angeblichen Mangelsituationen Schlüsse gezogen, die für Abhilfe sorgen sollen, gleichzeitig jedoch die Situation verschlimmern“, äußert sich der Stellvertretende Vorsitzende des Hartmannbund Landesverbandes Brandenburg, Ulrich Schwille.

Einer dieser Vorschläge sei grundsätzlich zu begrüßen, nämlich dass der Einsatz des Notarztes nur bei relevanten und bedrohlichen medizinischen Notfällen erfolgt und nicht wie heute als niederschwelliger Zugang zur hausärztlichen oder akutärztlichen Versorgung, welche von den niedergelassenen Ärzten sichergestellt, aber über den Missbrauch der 112 umgangen werde. Der Teufel stecke jedoch im Detail – und zwar darin, dass nun als Abhilfe neben dem Einsatz von telenotärztlicher Unterstützung für die gut ausgebildeten Notfallsanitäter auch die Substitution der (angeblich fehlenden) Notärzte durch akademisierte Notfallsanitäter vorgeschlagen werde. „Dies ist jedoch aus verschiedenen Gründen nicht tragfähig. Erstens gibt es keinen Notarztmangel, sondern vielfach eine mangelnde Bereitschaft der Arbeitgeber der Notärzte, diese für den notwendigen Dienst freizustellen. Zweitens gibt es derzeit nach wie vor einen Mangel an Notfallsanitätern, da durch den erhöhten Bedarf an Rettungsmitteln – welcher durch die absehbare Schließung weiterer Krankenhäuser noch mehr steigen wird – diese auch noch nicht in ausreichender Zahl ausgebildet werden können. Und schließlich gibt es zwar keinen Bewerbermangel für die Ausbildung zum Notfallsanitäter, die Akademisierung der Notfallsanitäter nimmt diese jedoch aus dem System, ohne ihnen gleichzeitig die Fähigkeiten und Kompetenzen eines Notarztes zu vermitteln“, erklärt Schwille, der als Facharzt für Anästhesie, Notarzt, Luftrettungsnotarzt und Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes in einem Brandenburger Flächenlandkreis über einschlägige Erfahrung verfügt.

Gerade in lebensbedrohlichen Situationen komme es auf ein schnelles Eingreifen an, so dass die Vorhaltung von Notärzten gerade in Flächenregionen nicht reduziert werden könne. Darüber hinaus sei auch die ersatzweise vorgeschlagene stärkere Einbindung der Luftrettung nur begrenzt geeignet, die oben genannten Mängel zu kompensieren, da die Probleme der Wetter- und Sichtabhängigkeit und der „letzten Meile“ (Landeplatz-Einsatzort) nicht komplett zu lösen seien. Daneben bedürfe es für die dort eingesetzten Notärzte zunächst geeigneter Weiterbildungsorte, da auch hier Einschränkungen durch physikalische Gegebenheiten in den Helikoptern bestünden.

Der Hartmannbund LV Brandenburg lehnt daher die Substitution von Ärzten durch akademisierte Sanitäter entschieden ab. „Auch und gerade in akuter Not hat der Patient ein Recht darauf, einen Arzt mit entsprechendem Hochschulstudium an seiner Seite zu wissen. Und auch in einem rechtfertigenden Notstand darf das Prinzip des Arztvorbehalts nicht durch entsprechende Änderung der Vorgaben leichtfertig über Bord geworfen werden“, unterstreicht der Vorsitzende des Brandenburger Hartmannbundes, Dr. Hanjo Pohle, die Haltung des Landesverbandes. „Die Delegation durch verantwortungsbewusste ÄLRD (Ärztliche Leitungen Rettungsdienst) an von diesen zertifizierte, geeignete Notfallsanitäter kann bei echten Notfällen die Zeit bis zum Eintreffen des Notarztes lebensrettend oder symptomlindernd gut überbrücken“, stellt Schwille abschließend fest.