Hartmannbund Sachsen-Anhalt sieht großen Handlungsbedarf

Zu den bedeutendsten gesundheitspolitischen Vorhaben in Sachsen-Anhalt zählt das im Koalitionsvertrag der Landesregierung festgehaltene Gutachten zur Neuordnung der Krankenhausplanung. Nach übereinstimmenden Presseberichten sind für das Gutachten rund 400.000 Euro vorgesehen und das europaweite Ausschreibungsverfahren soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Der Hartmannbund Sachsen-Anhalt äußert in einer aktuellen Stellungnahme Zweifel an der Notwendigkeit des Gutachtens und benennt grundlegende Baustellen sowie Lösungsansätze bezüglich der Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt.

„Brauchen wir in Sachsen-Anhalt wirklich noch ein neues Gutachten zur Krankenhausstruktur, wenn doch viele der Probleme und vordringlichen Lösungsansätze so deutlich auf dem Tisch liegen?“, fragte der Vorsitzende des Hartmannbund-Landesverbandes Sachsen-Anhalt, Dipl.-Med. Bruno Jung anlässlich der gestrigen Vorstandssitzung des Landesverbandes. Solche Gutachten kosteten nicht nur viel Geld, sondern auch wertvolle Zeit. Zudem sei es entscheidend, im Gutachten und der darauf aufbauenden Krankenhausplanung nicht nur auf versorgungstheoretische Aspekte abzustellen, sondern auch das Erfahrungswissen sowie die konzeptionelle und Umsetzungskompetenz der täglich in der stationären Versorgung tätigen Akteure, insbesondere der Ärztinnen und Ärzte, einzubeziehen. Nur so könne sichergestellt werden, dass wirklich praxistaugliche Lösungen zum Gelingen der Neuordnung der Krankenhauslandschaft entwickelt werden. Der Hartmannbund, der eben auch ein Verband der angestellten und Klinikärzte sei, werde sich einer von der Politik gewünschten Zusammenarbeit nicht verschließen und seine Kompetenz etwa aus dem Arbeitskreis Stationäre Versorgung gern einbringen.

Darüber hinaus könne eine Krankenhausreform durch eine Landesregierung nur glaubwürdig sein, wenn zunächst einmal durch die politisch Verantwortlichen eingestanden würde, dass viele der bestehenden Probleme selbst verursacht seien. Insbesondere seien die Landesregierungen jahrelang nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen, ihre Anteile an der Krankenhaus-Investitionsfinanzierung zu leisten. „So blieb den Kliniken oftmals nur der Weg, die Mittel für nötige Investitionen zu erwirtschaften, indem medizinische Leistungen mit weniger Personal erbracht oder auch bedenklich kurze stationäre Verweildauern durchgesetzt und quasi zur Norm erhoben wurden. Unter diesen Bedingungen kann es niemanden wundern, dass die Belegschaft auf Verschleiß gefahren wird, die Arbeitsmotivation leidet und auch immer mehr Personal den Kliniken den Rücken kehrt. Die Folgen sehen wir in nahezu all unseren Kliniken“, machte Jung deutlich. Dem Eingeständnis, dass die Probleme zu einem großen Teil hausgemacht seien, sollte dann eine klare Aussage folgen, wann diese Mittel endlich nachgereicht und dass in Zukunft solche Finanzierungslücken mit Sicherheit vermieden werden sollen.“

Abschließend stellte Jung noch die Frage, ob und in welchem Umfang sich privat geführte Kliniken an derartigen Veränderungen beteiligen wollen oder auch müssen. Auch brauche es insgesamt mehr Transparenz in der Kommunikation von Standortentscheidungen. „Wenn in der Peripherie einzelne Abteilungen schließen müssen, weil es organisatorisch, technisch, finanziell, aber eben auch medizinisch für den Patienten viel besser ist, ihn mit gut ausgestattetem Transport an einem nicht geeignetem Krankenhaus vorbei zu einer besser geeigneten Einrichtung zu bringen, so muss das der Öffentlichkeit ausreichend dargelegt werden. Mit Schließungen der wohnortnahen Grundversorgung wie Kinderkliniken und geburtshilflichen Einrichtungen aufgrund fehlender finanzieller Einnahmeerlöse wird man in der Bevölkerung kein Vertrauen erwarten können.“