Jung: In Gesundheitspolitik Fakten und Zusammenhänge nicht ausblenden!

Die Gesundheitspolitik zählt zu den zentralen Themen der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. Der Vorsitzende des Hartmannbund-Landesverbandes Sachsen-Anhalt, Bruno Jung, sieht bei allen Parteien in wesentlichen gesundheitspolitischen Fragen Nachbesserungsbedarf.

Während unter den Parteien offenbar Einigkeit bestehe, dass alle Klinikstandorte erhalten bleiben sollen und dabei ein höheres Maß an Spezialisierung nötig sei, sieht Jung allerdings die seit Jahren ungenügende Finanzierung der Klinikstandorte ausgeblendet: „Offenbar wollen insbesondere die an der aktuellen Regierungskoalition beteiligten Parteien verschweigen, dass sie es waren, die, wie es leider auch in den anderen Bundesländern der Fall ist, ihren Krankenhäusern die zustehenden Investitionsmittel in Höhe von Hunderten Millionen Euro vorenthalten haben. Die Folgen sind offensichtlich: veraltete Technik, Ausstattung und mangelnde Digitalisierung. Ich appelliere daher an alle Parteien, ihrer Pflicht zur vollen Finanzierung der Krankenhaus-Investitionskosten nachzukommen. Eine bestmögliche Versorgung kann es nur geben, wenn die wirtschaftliche und finanzielle Basis stimmt“, macht der Thalenser HNO-Arzt deutlich.

In Bezug auf ein anderes drängendes Thema, den immer größer werdenden Ärztemangel, stellt Jung fest: „Die bisherigen Lösungsansätze der Parteien, wie Sonderstipendien und Landarztquoten, greifen wenn überhaupt erst in mehr als zehn Jahren und auch nur dann, wenn die Zahl der Medizinstudienplätze insgesamt auch um diese Anzahl fest verplanter Plätze erhöht würde. Ansonsten wird hier nur wertvolle Zeit verplempert, während derer unsere Politiker dann zwei bis drei Legislaturperioden selbstgefällig auf den künftig zu erwartenden positiven Effekt ihrer Arbeit verweisen können“. In Jungs Augen wäre es zielführender, die Ursachen für den Ärztemangel und damit zusammenhängend, die zurückgehende ärztliche Arbeitszeit zu benennen: Das stärkere Gewicht, das jüngere Ärztegenerationen auf Beruf, Familie und Freizeit legen sowie die Änderungen der gesetzlichen Arbeitszeitbestimmungen, die auch ärztliche Bereitschaftsdienste umfassen. Der sich daraus ergebende Bedarf an zusätzlichem ärztlichem Personal sei bis heute nicht ermittelt worden, und dadurch sei auch eine Anpassung der Medizinstudienplätze und der damit zusammenhängende Finanzierungsbedarf unterblieben. Dies müsse dringend nachgeholt werden.

Ähnlich problematisch sieht Jung die Äußerungen der politischen Parteien zur ambulanten medizinischen Versorgung: „Obwohl sich seit Jahrzehnten und auch gerade jetzt in der Bewältigung der Coronapandemie die Selbstverwaltungsstrukturen der Ärzteschaft, gerade auch die Kassenärztlichen Vereinigungen, gut bewährt und die niedergelassenen Vertragsärzte ihre Reaktions- und Leistungsfähigkeiten unter Beweis gestellt haben, setzen auch hier die Parteien mehrheitlich auf noch konsequentere staatliche Planwirtschaft sowie noch „genauere“ Bedarfsplanung, und versuchen, ihre Wähler mit Begriffen wie „Multiprofessionalität“ und „kommunalen Gesundheitskonferenzen“ zu beeindrucken“, findet der Vorsitzende des Hartmannbundes Sachsen-Anhalt.

Schließlich fordert Jung die Parteien auf, mehr Mut zum Austausch mit den Akteuren des Gesundheitssystems zu zeigen. „Es reicht nicht aus, wenn von politischer Seite in besonderen Belastungszeiten wie in der Coronakrise den Leistungsträgern im Gesundheitswesen lobend auf die Schultern geklopft wird. Vielmehr sollten die politischen Parteien ihre ideologischen Scheuklappen ablegen und Expertenrat mehr dort erfragen, wo die Kenntnisse und Erfahrungen infolge täglicher Arbeit am verlässlichsten vorhanden sind, und das sind nun einmal die Ärzte, ihre Selbstverwaltungsorgane und verschiedenen Verbände“, macht Jung klar. „Auf diese einfache, schlicht selbstverständliche Weise hätten viele gesundheitspolitische Richtungsentscheidungen seit den 90-iger Jahren vermieden werden können, an deren Folgen jetzt wieder mit den gleichen ungeeigneten Mitteln herumgedoktert wird“, äußert sich Jung abschließend.