Langholz: „Bevor noch mehr Leistung abgefordert wird, sollte die gegenwärtige angemessen und in Gänze vergütet werden.“

Eine Aufstockung des Sprechstundenangebotes, die Einführung verpflichtender Servicestandards wie Videosprechstunden oder eine Onlineterminvergabe forderte jüngst die Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen e.V. (vdek), Frau Ulrike Elsner.

Bei Michael Langholz, dem Vorsitzenden des Hartmannbund Landesverbandes Bremen, lösten diese Forderungen neben Fassungslosigkeit nur Empörung aus: „Für mich ist es schier unbegreiflich, wie Frau Elsner eine Erweiterung der Sprechstundenzeiten fordern kann. Viele Kolleginnen und Kollegen bieten ohnehin weitaus mehr als 25 Stunden pro Woche an. Das bedeutet für viele Praxisinhaber bereits jetzt schon eine wöchentliche Arbeitszeit, welche den Umfang einer regulären Vollzeitstelle um ein Vielfaches übersteigt. Was eine Erhöhung auf 30 Stunden bedeuten würde, möchte ich lieber nicht ausrechnen. Von 40 Arbeitsstunden pro Woche wäre man damit Lichtjahre entfernt.“

Mitunter ausschlaggebend für die hohe Arbeitslast der Niedergelassenen wäre der bürokratische Aufwand. Diesen hätten auch die Krankenkassen durch teils fragwürdige Anfragen sowie Prüfungsverfahren zu verantworten.

Der in Achim niedergelassene Facharzt für Augenheilkunde moniert mit Blick auf die Gesundheitsberichterstattung des Bundes vom 26. Januar 2024 sowie die vdek-Basisdaten 2023: „Der vdek prangert zwar an, dass 2024 ein Rekordwert von ca. 300 Milliarden Euro für die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger ausgegeben werden könnte. Muss sich dann auch mal die eigenen Zahlen gefallen lassen. Von den 263,4 Milliarden Euro Leistungsausgaben im Jahr 2022 fielen gerade einmal 17,0 %, in Summe 44,6 Milliarden Euro, auf die ambulante ärztliche Versorgung. Von diesem Betrag müssen mitunter auch die Gehälter der über 400.000 Medizinischen Fachangestellten, sämtliche Investitionen sowie überbordende Verwaltungskosten bezahlt werden. Im Vergleich zum Vorjahr 2021 waren dies 1,8 % mehr, während die Leistungsausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung im Mittel um 5,8 % stiegen. Die ambulante ärztliche Versorgung verfügt nach den Krankenhäusern und Arzneimitteln zwar über den drittgrößten Topf an Leistungsausgaben. Doch allein der reine Netto-Verwaltungsaufwand der gesetzlichen Krankenkassen wird auf 12,36 Milliarden Euro beziffert, was fast einem Drittel der Kosten der ambulanten Versorgung der Bürgerinnen und Bürgern entspricht. Das macht ein sattes Plus von knapp 6 % für die Verwaltung der Krankenkassen.“

Langholz führt weiter aus: „Das aktuell noch nicht einmal alle ärztlichen Leistungen vollständig bezahlt werden, wird an dieser Stelle ausgeklammert. Allein im augenärztlichen Bereich in Niedersachsen werden von jeder budgetierten Regelleistung knapp 25 % seit Jahren nicht vergütet. Bevor noch mehr Leistung abgefordert wird, sollte die gegenwärtige angemessen und in Gänze vergütet werden.“

Mit Blick auf die seit Jahren sinkenden Zahlen an Niederlassungen resümiert der Hartmannbund Landesvorsitzende Bremen abschließend, dass derartige Anregungen bei Medizinstudierenden wohl kaum den Wunsch nach einer eigenen Praxis aufkeimen lassen würden: „Die Frage des ärztlichen Nachwuchses treibt uns Niedergelassene schon lange herum. Fehlende Wertschätzung, unzureichende Vergütungen, zunehmende bürokratische Lasten und eine kontinuierlich steigende Arbeitsbelastung sind für viele junge Ärztinnen und Ärzte kaum erstrebenswert und sorgen bei älteren Kolleginnen und Kollegen eher dazu, ihr Leistungsangebot zu reduzieren. Die Fantasien von Frau Elsner dürften wohl kaum eine Trendwende fördern.“