Die letzte Woche bekannt gewordenen technischen Vorgaben der Gematik für die „ePA für alle“ riefen bereits einige kritische Reaktionen der betroffenen Akteure hervor. Der Vorsitzende des Sächsischen Hartmannbundes, Dr. Thomas Lipp, macht sich gar für eine Boykottempfehlung durch die Sächsischen ärztlichen Körperschaften stark.
„Die Gematik-Spezifikationen zeigen, dass es in zentralen Punkten noch erheblichen Handlungsbedarf gibt. So wie die ePA jetzt konzipiert ist, können wir diese unmöglich in unsere Praxen und Kliniken lassen. Ich bitte die Sächsische Landesärztekammer und auch die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, ihren Mitgliedern dringend von der Nutzung dieser ePA abzuraten“, äußert sich der Leipziger Allgemeinmediziner. Als wesentliche Punkte nennt Lipp die Sicherheit und die Konzeption der Dateiformate, welche häufig eine Konvertierung erfordern würde, mit der Gefahr des Verlusts relevanter Informationen.
So habe die Gematik offenbar keine Möglichkeit vorgesehen, Dokumente in der patientengeführten ePA auf das Vorhandensein von Viren zu prüfen – auch auf einen integrierten Virenscanner sei verzichtet worden. Die diesbezüglichen Bedenken seitens des Bundesverbands Gesundheits-IT (bvitg e. V.) seien sehr ernst zu nehmen und würden hoffentlich auch rasch von den Verantwortlichen der Gematik aufgenommen, so Lipp weiter. „Daneben dürfte auch das in der ePA eingesetzte PDF-A Format der Mehrzahl der am Markt bestehenden Praxisverwaltungs- und Klinikinformationssysteme Probleme bereiten. Da diese Systeme in den meisten Fällen nicht PDF-A kompatibel sind, bleibt nur der Umweg, die Dateien anderweitig in das Format zu konvertieren – was aber mit der Gefahr des Verlusts von im Dokument eingebetteten Metadaten einhergeht. So wird es erkennbar nicht funktionieren, und dass alle betroffenen Softwarehäuser ihre Systeme binnen Jahresfrist bis zum Start der ePA anpassen können, wage ich zu bezweifeln“, kritisiert der Sächsische Hartmannbund-Landesvorsitzende.
„Des Weiteren wäre eine Volltextsuche ohne großen Aufwand realisierbar gewesen. Der Verzicht darauf ist schwer nachzuvollziehen, denn selbst wenn die meisten ePAs am Anfang noch nicht prall gefüllt sein mögen, wäre diese Funktion absolut sinnvoll und auch ein echter Mehrwert für die Anwendung an sich“, so Lipp weiter. Und auch die verpasste Chance, nun Bilddaten in die Akte hochladen zu können, sei bedauerlich. „Niemand hätte erwartet, dass eine unbegrenzte Zahl von Bilddaten hochgeladen werden kann. Aber so bleibt nun weiter nur das Mitschleppen von Datenträgern – das ist im 21. Jahrhundert eigentlich ein schlechter Witz“, so Lipp abschließend.