Die durch den Bund organisierte Impfstoffverteilung löst seit Monaten immer wieder Unmut in der Vertragsärzteschaft aus – obwohl letztere die Hauptlast in der aktuellen Impfkampagne trägt. Der Vorsitzende des Brandenburger Hartmannbundes, Dr. Hanjo Pohle, findet deutliche Worte: „In meiner Praxis beispielsweise wurden in dieser Woche nur sechs Dosen des Biontech-Vakzins anstelle der bestellten 48 geliefert. Ich weiß von anderen Ärztinnen und Ärzten, dass dies kein Einzelfall ist. Dabei sollte doch durch die Koordinierung der Impfstoffversorgung durch die Bundeswehr mehr Effizienz und Effektivität erreicht werden. Stattdessen herrscht weiter völlige Intransparenz, wer wo und wieviel Impfdosen erhält – in meinen Augen ein eklatantes Staatsversagen.“
Eine mögliche Ursache könnte aus Pohles Sicht darin liegen, dass Vertragsärztinnen und -ärzte bei der Zuteilung des in der Bevölkerung besonders populären Biontech-Vakzins zugunsten anderer Akteure benachteiligt werden – allen Erfolgen und dem Rekordtempo beim Impfen in den Praxen zum Trotz. „Wie kann es sein, dass wir jüngere Patientinnen und Patienten, für die laut der StiKo-Empfehlung nur das Biontech-Vakzin in Frage kommt, mangels Impfstoff nach Hause schicken müssen, gleichzeitig aber der Deutsche Bundestag gleich 10.000 Dosen desselben Vakzins erhält – trotz eines Altersdurchschnitts erheblich jenseits der 30-Jahresgrenze?“
Angesichts dieser zunehmend chaotischen Versorgungslage appelliert der Rathenower Allgemeinmediziner an den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, Führungskompetenz zu zeigen und konkrete Schritte einzuleiten zur Herstellung von Transparenz bei den Vertriebs- und Verteilungswegen der Impfstoffe an alle Impfleistungserbringer.
Zudem müsse eine bevorzugte Zuteilung des Biontech-Vakzins an Arztpraxen erfolgen, da diese nun mal die Akteure seien, die der Impfkampagne zum Erfolg verhelfen können und werden – wenn sie denn ausreichende Mengen der benötigten Impfstoffdosen erhalten.
Darüber hinaus fordert der Brandenburger Hartmannbund die Bundesregierung auf, die impfenden Vertragsärzte und Medizinischen Fachangestellten beim geplanten Corona- bzw. Pflegebonus nicht außen vor zu lassen. Ein Hinweis, dass dies so kommen könnte, seien die jüngsten Ankündigungen einer Beschränkung dieser Bonuszahlung lediglich auf Personen, die in der Pflege von Coronapatienten tätig waren. „So berechtigt der Anspruch dieser Personengruppe auf eine entsprechende finanzielle Anerkennung auch ist, sollten die in den Vertragsarztpraxen an der Pandemiefront erbrachten Impfungen und sonstigen Leistungen nicht außen vorgelassen werden. Eine solche Vorgehensweise wäre fatal und würde von allen in den Vertragsarztpraxen Tätigen als ein Signal der Geringschätzung aufgefasst werden und zu Frust und Demotivation führen“ mahnt Pohle abschließend.