Müller: Ausgabenmoratorium bewirkt Leistungsmoratorium

Die Forderung des GKV-Spitzenverbands nach einem sofortigen Ausgabenmoratorium und weitgehenden Verzicht auf Preis- und Honorarerhöhungen schlägt aktuell Wellen – jüngst sekundierte etwa auch der Sozialverband VDK.

In einem aktuellen Statement teilt der Vorsitzende des Thüringer Hartmannbundes, Dr. Jörg Müller dazu mit: „So erwartbar diese Forderungen waren, es ist nun an der Zeit, alle wieder auf den Boden der Realität zurückzuholen. Die Mehrzahl der Kliniken schreibt bekanntermaßen rote Zahlen, viele Praxen haben seit Jahren Realverluste mit galoppierenden Ausgabensteigungen, die alle Einnahmenzuwächse auffressen. Wenn jetzt indirekt gefordert wird, dass diese auf einen Ausgleich des Kostenanstiegs verzichten und sich mit ihrer Unterfinanzierung abzufinden haben, ist dies nicht nur unanständig, sondern entbehrt, etwa in Bezug auf die Praxen, auch jeder Grundlage. Beispielsweise gibt es für Vertragsärztinnen und -ärzte einen gesetzlichen Anspruch auf Kompensation der Kostensteigerungen.“

Müller schlägt daher vor, zunächst bestehende Einsparpotentiale in der Gesetzlichen Krankenversicherung selbst zu heben. „Diskutieren könnte man etwa darüber, nur noch Leistungen zu erstatten, deren Wirksamkeit zu 100% wissenschaftlich gesichert sind – ich denke hier etwa an die teilweise ausufernde und in einigen Fällen medizinisch unnötige Reha-Industrie. Auch sollte gerade die GKV lieber vor der eigenen Haustür kehren und die immer noch reichlich vorhandenen Kostensparpotentiale im System heben, bevor sie Leistungsträger um den ihnen zustehenden Kostenausgleich bringen. Hier stehen wir auch gerne mit konstruktiven Ratschlägen zur Seite, wenn von Kassenseite gewünscht. An Ideen und Möglichkeiten mangelt es dabei nicht“, stellt der Thüringer Landesvorsitzende klar.

Als Beispiele für Effizienzreserven in der GKV nennt Müller die Streichung von Satzungsleistungen, ein Ausgabenmoratorium bei den Gehältern oder Verzichte bei Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld. Auch sei es fraglich, ob es in Zeiten der Digitalisierung so viele Filialen, zumal häufig in Top-Lagen, bräuchte. Diese genannten Beispiele wären mutmaßlich auch im Sinne der Versicherten, schließlich handele es sich hierbei um potentielle Einsparungen zugunsten derer Versicherungsbeiträge.

„Last but not least, auch wenn es einige nicht gern hören: die anhaltende Unterfinanzierung der ambulanten Versorgung und Budgetierung ist wesentliche Ursache für die Terminknappheit und auch die mangelnde Motivation des Nachwuchses für die Niederlassung. Wie sollen wir Ärztinnen und Ärzte für die Niederlassung motivieren, wenn die Belastung stetig zunimmt, gleichzeitig das Honorar sinkt und die Arbeitszeit immer mehr von medizinisch unnötiger Bürokratie aufgefressen wird? In dieser Situation bewirkt ein Ausgabenmoratorium womöglich vor allem eins: ein Leistungsmoratorium durch Teile der Ärzteschaft“, macht der Geraer Facharzt für Augenheilkunde deutlich.

Der Hartmannbund – Verband der Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V. vertritt als freier Verband die beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen aller Ärzt:innen, Zahnärzt:innen und Medizinstudierenden in Deutschland – unabhängig vom Fachgebiet, ob niedergelassen, angestellt oder im öffentlichen Gesundheitsdienst tätig. Frei und unabhängig, auf Bundes- und Länderebene, in Politik, Selbstverwaltung und der Öffentlichkeit.