Der Vorsitzende des Hartmannbund Landesverbandes Brandenburg, Dr. Hanjo Pohle, bewertet die Ergebnisse des sogenannten Krisengipfels in dieser Woche kritisch, insbesondere mit Blick auf die angekündigte hausärztliche Entbudgetierung und die Aufhebung der quartalsbezogenen Vergütungssystematik. „Die Mehrheit der von der KBV vorgebrachten Forderungen der Vertragsärzteschaft bleibt nach wie vor unerfüllt. Dass nun mit den Hausärzten eine Gruppe – statt wie gefordert alle Fachgebiete – entbudgetiert werden soll, ist zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung. Doch der Bundesgesundheitsminister bleibt auf halbem Weg stehen, weshalb ein Praxenkollaps nach wie vor nicht abgewendet wird“, macht Pohle klar.
Im Ergebnis stünde nun, zumindest dem Anschein nach, eine Entbudgetierung der Hausärzte, deren detaillierte Ausgestaltung noch kritisch im angekündigten Gesetzestext zu prüfen sei. Während die Allgemeinmediziner bereits jetzt zumeist voll ausbezahlt wurden und also kaum an die Budgetgrenzen stießen, dürften Gebietsärzte statistisch gesehen ab dem 15. November jeden Jahres gut sechs Wochen umsonst arbeiten. Es liege auf der Hand, dass die gebietsärztliche Versorgung angesichts einer inflationsbereinigt sinkenden Vergütung bei gleichzeitig steigenden Kosten so über kurz oder lang ausbluten werde. Die Gebietsärzte werden somit weiterhin vom Gesundheitsminister alleine gelassen und können sich im Grunde nur als Verlierer dieses Treffens fühlen.
„Zudem führt die einseitige Bevorzugung eines Versorgungsbereiches innerhalb des differenzierten Versorgungskontextes von Haus- und Gebietsarzt – der übrigens eine Stärke des deutschen Gesundheitssystems ausmacht – zu enormen innerärztlichen Imbalancen. Es stellt sich hier die Frage, ob es sich bei der hausärztlichen Entbudgetierung nicht um einen geradezu listigen Schachzug des Ministers handelt, der als raffiniert eingeschleustes trojanisches Pferd die ärztliche Kampfkraft lähmt und den innerärztlichen Zusammenhalt implodieren lässt“, äußert sich der Rathenower Allgemeinmediziner.
Was die geplante Umstellung der Vergütungssystematik von einem Quartals- auf einen Jahresbezug betreffe, scheine die ärztliche Zustimmung hier zumindest sehr gewagt, solange die genaue Ausgestaltung nicht bekannt sei. Hier sei Wachsamkeit gefordert, um raffiniert platzierte Honorarverluste durch die Hintertür zu verhindern. Die Analyse, dass eine Abkehr vom Quartalsbezug die Praxen vom Ansturm der Patienten entlaste, verkenne wie so häufig Ursache und Wirkung. „Wer von der Über- und Fehlbelastung in der vertragsärztlichen Versorgung spricht, muss auch die hierzulande mangelnde Gesundheitskompetenz und die politisch geförderte Flatrate-Mentalität der Bevölkerung adressieren – alles andere wäre unglaubwürdig. Das Ergebnis sehen wir regelmäßig in eindrucksvollen Statistiken wie etwa der OECD, welche für unser Land überdurchschnittlich viele Arztkontakte sowie eine Fehlinanspruchnahme in Größenordnungen bestätigen“, so der Brandenburger Hartmannbund-Vorsitzende weiter.
Positiv sei zu bewerten, dass Maßnahmen zur Minimierung von Bürokratie und Regressen verabschiedet wurden. Bei diesem seit Jahren überfälligen Schritt, der nun auch entsprechend umgesetzt werden müsse, handele es sich um einen Lichtblick. „Leider bleibt jedoch viel Schatten, insbesondere steht zu befürchten, dass die anderen oben genannten Maßnahmen des Krisengipfels neue Probleme schaffen, statt die Ursachen des drohenden Praxenkollapses grundsätzlich zu lösen. Der Brandenburger Hartmannbund wird daher nicht nachlassen, alle Aktionen mit relevanten Akteuren konstruktiv zu unterstützen und zu begleiten, die auf die Gleichbehandlung aller Ärztinnen und Ärzte hinsichtlich des Honorars und auch ihrer Versorgungsaufgaben abzielen“, so Pohle abschließend.