Pohle kritisiert Äußerungen der KV Brandenburg

Mit völligem Erstaunen und Unverständnis reagiert der Vorsitzende des Brandenburger Hartmannbundes, Dr. Hanjo Pohle, auf die jüngsten Äußerungen der Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Brandenburg, Catrin Steiniger, zur Bekämpfung des angeblich drohenden Mangels an Hausärztinnen und Hausärzten. Aus Sicht des Rathenower Allgemeinmediziners sind nicht Bürokratieabbau, sinnvolle Digitalisierung und Entbudgetierung die Kernbausteine, um zukünftig mehr ärztlichen Nachwuchs in Brandenburg für die Weiterbildung als Allgemeinmedizinerin und Allgemeinmediziner zu gewinnen. Die drängendsten Baustellen seien vielmehr die mangelnde Reputation der Allgemeinmedizin im medizinischen Gesamtkontext und die fehlende Wertschätzung der politischen Entscheidungsträger. „Seit Jahren wird nach Hausärzten gerufen, aber alles getan, um die Reputation des Berufs Hausarzt zu beschädigen. So wird etwa die Spezialisierung bewusst vorangetrieben und den Hausärztinnen und Hausärzten werden selbst allgemeine grundärztliche Bereiche wie Geriatrie, Schmerztherapie und Palliativbetreuung entzogen, da diese nur noch über Zusatzqualifikationen abrechenbar sind. Der Normale, sich zuwendende und um seine Patienten kümmernde Hausarzt verkommt zunehmend zum Mediziner für gesellschaftliche Banalitäten. Dafür wird er zwar von den verantwortlichen Akteuren im Gesundheitssystem rhetorisch hofiert, aber eben nur, solange es kein Geld kostet“, findet Pohle.

Nicht die Entbudgetierung stelle, so der Brandenburger Hartmannbund-Vorsitzende, letztendlich das Problem dar, da ärztliche Leistung nicht unendlich vermehrbar sei. Vielmehr bestünde die Problematik im geringen Ertrag pro in hausärztlicher Tätigkeit erbrachter Leistung. Im Bundesdurchschnitt werde eine gebietsärztliche Gesamtleistung pro Patient bis zu 10 Prozent besser vergütet, und das seit Jahrzehnten. Dazu passe es auch, dass das Erbringen von hausärztlichen Hausbesuchen bereits seit über zehn Jahren mit gerade einmal rund 23 Euro vergütet werde. Das sei kaum jemandem vermittelbar, und zeige exemplarisch die geringe tatsächliche Wertschätzung für den Beruf, in dem Sinne, was gewisse hausärztliche Kernleistungen für unsere Gesellschaft wert seien. „Somit brauchen wir uns auch nicht zu wundern, dass nur etwa 13 Prozent der Ärztinnen und Ärzte diesen hausärztlichen Berufsweg einschlagen „, macht Pohle klar.

Wenn nun auch noch, wie im Statement der Vorsitzenden der KV Brandenburg vom vergangenen Freitag in der Ärztezeitung, die Lösung in der Erhöhung der delegierbaren Leistungen gesehen werde, sei das in zweierlei Hinsicht problematisch. Zum einen würden so genau die falschen Signale an den ärztlichen Nachwuchs gesendet. Eine weitergehende Delegation oder gar Substitution medizinischer Leistungen, wo etwa nichtärztliches Personal Hausbesuche zur Einschätzung des Gesundheitszustandes der Patienten durchführt, werde fertig ausgebildete Mediziner eher aus der Allgemeinmedizin vertreiben. Da würden sie eben gleich oder besser Gebietsarzt, und unter diesen Bedingungen würde der behauptete Hausärztemangel tatsächlich Realität. Zum anderen handele es sich letztlich um eine Bestätigung der politischen Grundtendenz, ärztliche Leistungen nicht besser zu stellen, sondern Ärztinnen und Ärzte eben schrittweise von ihrem qua Approbation erworbenem Privileg zur Ausübung der Heilkunde zu entmachten. „Die Botschaft an die Politik muss eine andere sein. Wir brauchen statt des hier vorgeschlagenen Wegs bessere und gesellschaftskonforme Weiterbildungsmöglichkeiten für die Allgemeinmedizin, delegierbare Leistungen nur dort, wo es Sinn macht, das kategorische Negieren der Substitution ärztlicher Leistungen und schließlich eine Verbesserung der Reputation nicht nur auf dem Papier, sondern durch eine spürbar bessere Entlohnung hausärztlicher Leistungen. Dies ist der Schlüssel für ein attraktiveres Bild der hausärztlichen Tätigkeit in Gesellschaft und Medizin“, so Pohle abschließend.