Pohle: Patientenwohl vor Ökonomie!

Die von der Krankenhausstruktur-Studie der Bertelsmann-Stiftung getätigte Aussage, dass bis zu 600 Kliniken für die Gesundheitsversorgung entbehrlich seien, stößt beim Vorsitzenden des Hartmannbund-Landesverbandes Brandenburg Dr. Hanjo Pohle auf Unverständnis.

„Diese Aussage ist ein Affront gegenüber den Ärztinnen und Ärzten in den Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung, die tagtäglich mit hohem Einsatz und hoher Qualität Patienten behandeln“, sagte der Rathenower Allgemeinmediziner. Es sei zudem beschämend, dass Patienten den Eindruck gewönnen, ihr Krankenhaus sei überflüssig und sie könnten dort eigentlich gar nicht richtig versorgt werden“.

„Gerade der demographische Wandel erfordert weiter Krankenhäuser vor Ort, die wohnortnah, familien- und besuchsfreundlich die häufig altersbedingten Erkrankungen und ihre Folgen in hoher Qualität behandeln können“, so Pohle.

Diese Studie sei symptomatisch für die bei vielen Akteuren im Gesundheitswesen vorherrschende rein ökonomische Sichtweise. „Den Krankenhäusern in ihrer Anzahl und Vielfalt ist es zu verdanken, dass es vergleichsweise kurze Wartezeiten auf Operationen und Behandlungen gibt“, sagte Pohle. Dies sei in Ländern mit erheblich geringerer Betten- und Krankenhausdichte nicht der Fall. „Mit dieser Forderung, bis zu 600 Krankenhäuser zu schließen, nähern wir uns dem europäischen Mittelmaß mit allen Problemen für unsere Patienten an – wie lange Wartezeiten, lange Fahrtstrecken und wohnortfremde Betreuung.“

Daseinsfürsorge sehe anders aus. „Man kann den verantwortlichen Politikern nur raten, die weichen Faktoren bei den Fragen zur Notwendigkeit des Erhalts von Krankenhäusern nicht zu vernachlässigen und die Diktatur der Ökonomie zu durchbrechen“. Eine ausreichende Finanzierung der seit Jahrzehnten unterfinanzierten Krankenhäuser sei endlich sicherzustellen. „Wer Krankenhäuser mit profitorientierten DAX-Konzernen verwechselt bzw. einen Umbau in diese Richtung anstrebt, trägt auch dazu bei, dass die Humanmedizin immer weniger human wird“, sagte Pohle. Bereits jetzt seien Tendenzen erkennbar, dass Patientenversorgung kybernetischer werde. Die voranschreitende Zentralisierung und Spezialisierung der Medizin leiste dieser Entwicklung zusätzlich Vorschub.

Kritisch äußerte sich Pohle darüber hinaus zum Studiendesign. So, wie die Studie angelegt sei, wären die gewünschten Ergebnisse vorprogrammiert. „Die Autoren wählten ein Studiendesign, bei dem einzelne sogenannte Qualitätskriterien ausgewählter Erkrankungen über die Sinnhaftigkeit von Krankenhäusern in der Fläche entscheiden. Sie vergessen und negieren dabei aber das Vorhandensein multifaktorieller Gesundungsprozesse, die eben nicht allein auf Spezialisierung zurückzuführen sind“, sagte Pohle abschließend.