Pohle sieht negative Folgen für Patientenversorgung

Deutliche Worte zu der im Erweiterten Bewertungsausschuss erzielten Einigung, eine Punktwertanpassung von lediglich 1,275 Prozent vorzunehmen, findet auch der Vorsitzende des Brandenburger Hartmannbundes, Dr. Hanjo Pohle. „Dieser Abschluss ist ein Schlag ins Gesicht für alle 140.000 Vertragsärztinnen und -ärzte. Er spiegelt die reale Kostenentwicklung in den Praxen in keiner Weise wider und wird mittelfristig negative Folgen für die Versorgungssituation haben“, teilt der Rathenower Allgemeinmediziner mit.

Obwohl der Ausgleich der Aufwendungen für die Praxen klar im Bundesmantelvertrag geregelt und die Datenlage angesichts jahrelanger Abschlüsse unterhalb der Inflationsrate und auch der aktuell exorbitant steigenden Teuerungsrate klar sei, hätten sich die Gesetzlichen Krankenkassen zum wiederholten Male der Realität verweigert, so Pohle weiter. Dieses Ergebnis sei beschämend und geradezu grotesk, wenn man etwa die Honorarentwicklungen von Lokomotivführern, angestellten Ärzten, Medizinischen Fachangestellten sonstigen werktätig Beschäftigten betrachte.

„In diesem Abschluss zeigt sich nicht nur die geringe Wertschätzung der Leistungen von uns Vertragsärzten und -ärztinnen, die den überwiegenden Teil der Covid-19-Patienten betreuten und so einen wesentlichen Anteil daran hatten, dass unser Gesundheitssystem nie an den Rand der Überlastung trat. Es zeigt sich vor allem die mangelnde Weitsicht der Krankenkassen, die offenbar nicht einschätzen können, welche Folgen daraus möglicherweise für die Versorgung ihrer Versicherten erwachsen können. Ich kenne nicht wenige Kolleginnen und Kollegen, bei denen dieses allmähliche ‚Aushungern‘ durch dauerhaft unzureichende  Honoraranpassungen zum innerlichen Rückzug aus dem Versorgungsgeschehen bis hin zum Eskapismus führt. Kolleginnen und Kollegen mit Praxisabgabewunsch werden sich im Kontext der zunehmenden Belastungen – nicht zuletzt den teilweise übereilten Digitalisierungsmaßnahmen – motiviert fühlen, ihren Abschied vorzuziehen und aus einem relativen Arztmangel einen absoluten machen.“ Möglicherweise werde sich auch die eine oder der andere an das SGB V erinnern, in dem die Grundsätze ärztlichen Verhaltens in der Patientenversorgung verankert sind: nämlich wirtschaftlich, ausreichend, notwendig und zweckmäßig vorzugehen. „Was dies bei voller Umsetzung für die Betreuung unserer Patentinnen und Patienten bedeuten könnte, vermag sich noch keiner vorzustellen – es würde aber langfristig zu erheblichen Belastungen führen. Allein die Vorstellung, dass Gebietsärzte zum Teil bis zu 20 Prozent ihrer bisher erbrachten Leistungen nicht mehr erbringen würden, da sie nicht ausfinanziert sind, würde zu erheblichen Verwerfungen und Mangelsituationen führen“, fährt der Brandenburger Hartmannbundvorsitzende fort.

„Die Folgen einer derartigen, sicher nicht von uns gewünschten Entwicklung hätten allein die Verhandlungsführer der Gesetzlichen Krankenkassen zu verantworten, die sich zunehmend wie Kosten-Controller verhalten und nicht wie Sozialpartner mit Verantwortung für die Patientenversorgung“, macht Pohle abschließend klar.