Pohle: Vorgehen der Landesregierung ist skandalös

Am Dienstag stornierte das Brandenburgische Innenministerium eine für die Vertragsärzteschaft vorgesehene Lieferung über 20.000 Impfstoffdosen. Diese waren ursprünglich zur Verimpfung in Zentren vorgesehen. Die mit der Organisation betraute Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB) hatte jedoch mit Duldung der Landesregierung eine Verteilung an die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte organisiert, um eine schnelle Verimpfung zu ermöglichen – wozu aus logistischen und strukturellen Gründen nicht die Impfzentren, sondern nur die Vertragsärzteschaft in der Lage ist. Letztere hatte auch bereits entsprechend Sprechstunden und Hausbesuche vereinbart.

Der Vorsitzende des Brandenburger Hartmannbundes Dr. Hanjo Pohle findet anlässlich dieses Vorgehens der Landesregierung klare Worte: „Diese Entscheidung steht stellvertretend für diejenigen, die in den letzten Monaten realitäts- und bürgerfremd in Puncto Impfstrategie getroffen wurden. Darüber hinaus überstrahlt sie sämtliche Fehlentscheidungen, da sie die Risiken für das Wohlergehen unserer älteren Bürgerinnen und Bürger auch zeitlich nachvollziehbar macht. Sollte diese durch den Ministerialentscheid zunichte gemachte zusätzliche Impfmöglichkeit in der Fläche zu Infektionen der uns anvertrauten älteren Patientinnen und Patienten – die wir ja schon einbestellt hatten – führen, tritt die Verantwortung für dieses Leid erstmals offensichtlich und unmittelbar klar zu Tage“, äußert sich Pohle. Zudem sei fraglich, ob diese Entscheidung des Innenministeriums im Einklang mit der Priorisierungsrichtlinie stünde. „Diese erneute Präferierung von Impfzentren führt dazu, dass vielen zu Hause lebenden Hochbetagten, welche durch die Impfzentren gar nicht erreicht werden, weiterhin eine Vakzinierung vorenthalten wird. Dass die Ärzteschaft diese Menge sofort verimpft hätte, ist aus den Bestellungen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte zu sehen, die bereits entspreche Impf-Termine organisiert hatten. In meiner Praxis etwa wurde ein Impfsamstag mit Hausbesuchen und zahlreichen Einbestellungen zur Impfung der höchsten Priorisierungsgruppen geplant. All dies fällt nun weg und unsere älteren Bürgerinnen und Bürger in der Fläche müssen weiter warten, bis wir Vertragsärzte wieder bedacht werden“, stellt der Rathenower Allgemeinmediziner klar. Zudem sei bei einer durchschnittlichen Belieferung von 26 Dosen pro Woche und Arzt jedem klar, dass in jeder Praxis noch viele Patientinnen und Patienten in der höchsten Priorisierungsstufe vorhanden sind.

„Allen genannten Fakten zum Trotz verfügte der Impfstab im Innenministerium, dass die zusätzlichen Impfdosen wieder in die Impfzentren und kommunalen Eigeneinrichtungen gehen. Da sich scheinbar immer noch kein Lerneffekt in der Corona-Impfstrategie eingestellt hat, muss an die Verpflichtung der Politik erinnert werden, Verantwortung für die von ihr vertretenen Bürgerinnen und Bürger zu übernehmen“, macht Pohle deutlich. Diese bestünde darin, die Konsequenz aus der offensichtlichen Überforderung des Landes bezüglich der Impfversorgung zu ziehen und die Vakzinierungen vollständig in die Hand der vertragsärztlichen Versorgung zu übergeben. Nur so könnten die bedürftigen Patientinnen und Patienten schnellstens mit Impfstoff versorgt werden. „Jeder Vertragsärztin und jedem Vertragsarzt ist nun zu raten, diese Entwicklung auch ihren zu Recht enttäuschten Patienten nahezubringen“, empfiehlt Pohle abschließend.