Pohle warnt vor Kündigungswelle und sieht Aktionismus par excellence

Die am Freitag mit der Novelle des Infektionsschutzgesetzes beschlossene einrichtungsbezogene Impfpflicht löst ein geteiltes Echo aus. Deutliche Kritik kommt vom Vorsitzenden des Brandenburger Hartmannbundes, Dr. Hanjo Pohle. „Mit dem Beschluss setzt auch die neue Regierungskoalition die Reihe grotesker Fehlentscheidungen in der Coronapandemie fort. Faktisch wird nun ausgerechnet die Berufsgruppe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitswesens diskriminiert, welche die Hauptlast im Coronaabwehrkampf zu tragen hat. Dabei ist eine Impfpflicht in Praxen, Pflegeheimen und Krankenhäusern Aktionismus par excellence, da bei bis zu 90-prozentiger Immunisierung in dieser Berufsgruppe das wahre Problem der 30 Prozent gar nicht Geimpften wieder einmal aus dem Fokus gerät.“

Aus Sicht des Rathenower Allgemeinmediziners ist es nicht vermittelbar, dass nun einseitig das medizinische Personal mit der nur für diese Gruppe geltenden Impfpflicht den Eindruck vermittelt bekommt, dass sie die Pandemietreiber seien. Im gleichen Atemzug sei Infektionen des geimpften medizinischen Personals durch die Patienten im Sinn eines Impfdurchbruchs Tür und Tor geöffnet, da letztere weiterhin uneingeschränkten Zugang in die Arztpraxen haben, unabhängig von Impfstatus oder Testergebnis. Auch die Orte, in denen gerade die höchsten Inzidenzen verzeichnet werden, Kitas und Schulen, spielten für die Regierungsverantwortlichen offenbar nur eine Nebenrolle.

„Die einrichtungsbezogene Impfpflicht sorgt bei vielen Angehörigen der davon erfassten Berufsgruppen für Unverständnis und das Gefühl mangelnder Wertschätzung, um nicht zu sagen gesellschaftlicher Ablehnung. Das ist ein nicht zu unterschätzendes Risiko und kann dazu führen, dass viele Angehörige der betroffenen Berufe sich andere Beschäftigungsfelder suchen – obwohl wir diese Personen gerade jetzt am meisten benötigen. Die Erfahrungen aus dem Vereinigten Königreich sollten eigentlich bekannt sein, dort führte die Kündigungswelle nach der Einführung der Impfpflicht dazu, dass letztere wieder kassiert wurde“, äußert sich Pohle.

Statt einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht seien aus Sicht des Brandenburger Hartmannbund-Vorsitzenden zur Bekämpfung der jetzigen Situation intelligente und auch ungewöhnliche Ideen gefragt. „Weshalb führt man nicht eine relevante finanzielle Belohnungssystematik ein, um mehr Nichtgeimpfte zur Vakzinierung zu motivieren? Es gibt genügend Studien, welche die finanzielle Zuwendung als äußerst hilfreich und effizient ansehen. Wenn eine Impfpflicht sinnstiftend ist, da alle sonstigen Einflussvarianten ausgeschöpft wurden, dann eben für alle und jeden und dies sofort.“

Abschließend stellt Pohle klar: „Das Zitat von Herrn Lauterbach, dass wir es schaffen werden, kann sich nur auf das medizinische Personal beziehen, das den Kampf an der Coronafront führt. Sollten unsere politischen Eliten weiterhin Beschlüsse mit solcher Sinnhaftigkeit und politischer Tiefe abliefern, werden wir uns wohl darauf einstellen müssen, noch lange Zeit in der aktuellen gesundheits- und gesellschaftspolitischen Krise zu verharren.“