Die für den 18. August geplante Krisensitzung der Vertragsärzte- und Psychotherapeutenschaft in Berlin soll laut Aussage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Politik und Gesellschaft auf die Herausforderungen für die ambulante Versorgung aufmerksam machen und auch konkrete Handlungsansätze aufzeigen. Aus Sicht von Dr. Hanjo Pohle, Dr. Thomas Lipp und Dr. Jörg Müller, den Vorsitzenden der drei Hartmannbund-Landesverbände Brandenburg, Sachsen und Thüringen ist der Moment für konzertierte Maßnahmen der Vertragsärzteschaft historisch günstig.
„Die Zeit zum Handeln ist gekommen, die Stimmung unter den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten ist so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht. So wie bisher kann es jedenfalls nicht weitergehen, das ist auch allen maßgeblichen Akteuren der Vertragsärzteschaft bewusst. Wir haben daher die klare Erwartung, dass im Ergebnis des Treffens nicht nur wieder die üblichen Forderungen an die Politik und Kassen stehen werden. Wir halten es stattdessen für unabdingbar, eine glaubhafte und mit konkreten Maßnahmen unterfütterte Strategie zu entwickeln, die auch wirksame Eskalationsszenarien beinhaltet – alles andere wäre unverantwortlich und der Basis auch nicht zu vermitteln“, erklären die drei Landesvorsitzenden gemeinsam.
„Allen, die Proteste mit Verweis auf die Sozialpartnerschaft mit den Kassen abwürgen wollen, sei gesagt, dass von letzterer nichts mehr zu spüren ist! Stattdessen werden wir Vertragsärzte seitens der Kassen ausschließlich unter den Kriterien von Effizienz und Leistung betrachtet. Wenn wir uns in diesem Sinne rational verhielten und einmal konsequent nur effiziente Leistungen im Sinne wirtschaftlicher, angemessener, notwendiger und zweckmäßiger Medizin erbringen würden, würden unsere Sozialpartner sicher schnell erkennen, dass eine solche Betrachtungsweise nicht im Sinne ihrer Versicherten sein kann“, macht Pohle deutlich.
Was die Bedeutung einer konkreten Drohkulisse betrifft, könne diese nicht hoch genug geschätzt werden, erklärt Müller: „Nur mit echten Trümpfen in der Hinterhand kann die Vertragsärzteschaft auf Augenhöhe gegenüber Politik und Kassen für die dringend notwendige Verbesserung ihrer wirtschaftlichen und strukturellen Rahmenbedingungen eintreten“. Und Lipp ergänzt: „Ideen für Protestmaßnahmen hätten wir einige, von regionalen Demonstrationen, Praxisschließungen, Dienst nach Vorschrift bis hin zur Infragestellung des Sicherstellungsauftrags in seiner heutigen Form. Damit meinen wir, dass letzterer an Voraussetzungen geknüpft ist, welche die Kassen schon lange nicht mehr erfüllen. So kann etwa angesichts der enorm gestiegenen Kosten aufgrund von Inflation, Tariflöhnen und Energiepreisen von angemessener Kompensation keine Rede mehr sein. Daher muss schon die Frage erlaubt sein, ob die Vertragsärzteschaft unter diesen Voraussetzungen weiter einseitig am Sicherstellungsauftrag festhalten will“.
Vorrangig sei jedoch, überhaupt in der Vertragsärzteschaft einen Konsens zu erzielen dahingehend, konkrete und wirksame Protestmaßnahmen für den Eskalationsfall ins Auge zu fassen. „Das wäre ein großer, wichtiger Schritt. Die Frage, welche konkreten Aktionen es dann im Einzelnen werden, ist demgegenüber Kür“, so Müller abschließend.