Hänse: Wir müssen Patienten zu Hunderten nach Hause schicken

Schon jetzt haben einige Thüringer Praxen so viele Impfdosen verabreicht, wie sonst in einer ganzen Saison, wie der MDR und andere Medien berichteten. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sah sich bereits letzte Woche veranlasst, darauf hinzuweisen, dass prioritär Risikogruppen zu impfen sein. Dieser Hinweis kam jedoch für manche Praxen zu spät, wie der stellvertretende Landesvorsitzende des Thüringer Hartmannbundes Dr. Rolf-Christian Hänse erklärt: „Bereits seit einer Woche, also 14 Tage nach Beginn der dreimonatigen Grippeimpfkampagne, ist in unserer Weimarer Praxis kein Grippeimpfstoff mehr verfügbar. Wir müssen unsere Patienten zu Hunderten nach Hause schicken.“ Das Verständnis der Patienten halte sich jedoch, angesichts der von Herrn Spahn großspurig angekündigten 26 Millionen bestellten Impfdosen, in engen Grenzen und der schwarze Peter für diese missliche Lage lande bei der Ärzteschaft.

Mit Unverständnis reagierte der Praktische Arzt und Allergologe auch auf die Kommunikation der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen (KVT), die in ihrem wöchentlichen Newsletter von einer sehr guten Planung bezüglich des Impfstoffbedarfs sprach. Wörtlich heißt es unter der Überschrift ‚Wie gut ist Thüringen gerüstet‘: „Von unseren Mitgliedern, den Thüringer Hausärzten, haben uns ca. 75 % der impfenden Ärztinnen und Ärzte in der Planungsphase für diese Saison eine Rückmeldung zu ihrem Bedarf gegeben, insgesamt waren das über 400.000 Impfstoffdosen. Das zeigt eine sehr gute Planung, auch im Vergleich zu anderen Regionen.“ Hierzu fand Hänse deutliche Worte: „Das ist nicht nur sachlich völliger Nonsens, sondern erinnert auch an überwunden geglaubte Gedankenwelten: wenn sich nur alle für den Erwerb eines neuen Autos anmelden, werden schon alle eines bekommen. Das hat jedoch schon in der DDR nicht geklappt. Also, liebe Damen und Herren in der KV Thüringen: nutzen Sie bitte die von uns Kassenärzten bezahlte Arbeitszeit, um Grippeimpfstoff heranzuschaffen!“

Der Vorsitzende des Thüringer Hartmannbundes Dr. Jörg Müller ergänzt: „Irritierend ist darüber hinaus auch die Verlautbarung seitens der KVT, dass ein Lieferengpass nach den Kriterien des Robert-Koch-Institutes zum aktuellen Zeitpunkt nicht festgestellt werden könne.“ Diese Äußerung, die an Orwellsches Neusprech erinnere, nütze leider den Kolleginnen und Kollegen in den Praxen, denen der Impfstoff ausgegangen ist, herzlich wenig und sei an Absurdität nicht zu überbieten. „Schließlich habe selbst der Bundesgesundheitsminister letzte Woche lokale und zeitliche Lieferengpässe eingeräumt“, so Müller abschließend.