In Zukunft muss gelten: „Safety First“ für Patienten und Ärzte

Kaum ein Thema bewegt die niedergelassenen Ärzte in diesen Zeiten rapide steigender Coronavirus-Infektionszahlen so wie die Frage der fehlenden Schutzausrüstung. Selbst wenn bis Ende der Woche, wie angekündigt, zehn Millionen Schutzmasken sowie weiteres Schutzmaterial an die Praxen verteilt werde, sollten die Ereignisse der letzten Wochen der Ärzteschaft zu denken geben, so der Vorsitzende des Thüringer Hartmannbundes und Geraer Augenarzt Dr. med. Jörg Müller.

„Es ist eine gute Nachricht, dass wir endlich die dringend benötigte Schutzausrüstung bekommen. Nicht nur für die Praxen, sondern auch für unsere Patienten, denen oft gar nicht bewusst ist, dass mit dem Arztbesuch ein erhöhtes Infektionsrisiko einhergeht.“ Zugleich stellt Müller fest: „Was wir in den vergangenen Wochen erlebt haben, darf eigentlich so nicht passieren. Ich habe noch die Aussagen der Politik in den Ohren, dass wir in Deutschland angeblich bestens vorbereitet seien – kurze Zeit später geht uns das Schutzmaterial aus, trotz entsprechender Warnungen der Lieferanten an das Gesundheitsministerium. Da kommt man sich vor wie im falschen Film“.

Er persönlich ziehe aus diesen Ereignissen zwei Schlussfolgerungen, so Müller weiter: „Zum einen bringen wir Ärzte viel zu leicht uns selbst und auch unsere Patienten in Gefahr, wenn wir ohne die für den medizinischen Betrieb elementarsten Ausstattungen praktizieren. Oft ist die Motivation dahinter, dass einem Patienten unter keinen Umständen Hilfe verweigert werden darf, was ich 100%ig nachvollziehen kann. Aber ausreichende Patientenversorgung und Infektionsschutz müssen selbst in Zeiten mangelnden Schutzmaterials kein Widerspruch sein, wenn wir es klug anstellen.“ Ein Beispiel sei das Herunterfahren der Praxiskapazitäten, etwa durch koordinierte Rotationen mit anderen Niedergelassenen. Dies setze voraus, dass die Patienten auf die nicht aufschiebbaren Fälle reduziert würden, was in so einer Notlage – und nur davon sei hier die Rede – machbar sein sollte. Eine weitere Vermittlung nicht absolut dringlicher Notfälle über die Terminservicestellen seitens der KVen sei gerade jetzt äußerst kontraproduktiv.

„Zum anderen kann ich nur allen Kollegen raten, maximalen Druck auf die für die Materialversorgung zuständigen Akteure – Lieferanten und unsere Vertreter und die Angestellten in den KVen – auszuüben, damit die Probleme auch bei den Verantwortlichen ankommen“, äußert sich Müller weiter. „Nur wenn wir uns wehren und die von den Verantwortlichen organisierten Missstände anprangern und unsere Forderungen aktiv platzieren, werden wir gehört, das lehrt mich auch meine persönliche Erfahrung. Notfalls mit der unbequemen Botschaft, dass ohne Schutzausrüstung die ärztliche Tätigkeit in der Praxis oder im Bereitschaftsdienst eingestellt werden muss, wie es das Robert-Koch-Institut empfiehlt“, so Müller abschließend.