Müller not amused über Thüringer Amüsierveranstaltung   

Die Umstände der Dankesfeier für Impfzentren-Mitarbeiter Ende Oktober in Erfurt, die von der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen (KVT) und dem Gesundheitsministerium ausgerichtet wurde, lösten in den letzten Tagen zahlreiche kritische Reaktionen aus. Auch der Thüringer Hartmannbund sieht hier noch Diskussionsbedarf und hebt insbesondere vier Kritikpunkte hervor: das Setting, die verfehlte Zielstellung, die fehlende Sensibilität der Veranstalter sowie die Herkunft der eingesetzten Gelder.

„Erstens sei die Frage, ob angesichts der augenblicklich stattfindenden Dynamik mit Rekord-Inzidenzwerten dies der richtige Zeitpunkt für eine ausschweifende Party mit 700 Teilnehmern war, mal dahingestellt“, erklärt der Vorsitzende des Thüringer Hartmannbundes Dr. Jörg Müller. „Die bekannte Empfehlung des Robert-Koch-Instituts, nicht notwendige Versammlungen in geschlossenen Räumen zu vermeiden, spricht für sich. Auf so engem Raum so viele im Thüringer Gesundheitswesen Tätige ohne Not zu versammeln und dann unter Verweis auf die 2G-Regel auch noch auf Masken und Mindestabstand zu verzichten, ist gedankenverloren und systemgefährdend. Wenn es in diesem Personenkreis zu Ansteckungen kommt, kann dies zu einer Gefährdung der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung führen.

Zweitens ist es natürlich völliger Humbug, die Veranstaltung damit zu rechtfertigen, dass diese ‚ein großer, gemeinsamer Impfaufruf war‘. Wenn dies ernst gemeint ist, waren die Handelnden offenbar recht naiv – wer bitte schön glaubt denn wirklich, dass sich irgendjemand aufgrund der Thüringer Impfparty eine Injektion verpassen lässt?“

Zudem fehle es den Veranstaltern – allen voran der Gesundheitsministerin – offenbar an Sensibilität, da ihnen nicht bewusst zu sein scheine, wie eine exklusive Veranstaltung nur für die Impfzentren-Mitarbeiter von den anderen Protagonisten im Kampf gegen die Corona-Pandemie wahrgenommen werde. „Das zeigt sich auch daran, dass Frau Werner weiter daran festhält, dass die ‚Dankeschön-Feier‘ in der Form gerechtfertigt war. In der Wahrnehmung vieler Kolleginnen und Kollegen und auch aus unserer Sicht geht es jedoch nicht darum, einzelnen Akteuren besonders zu danken. Es geht darum, dass allen Beschäftigten und Einsatzkräften, die in der Gesundheitsversorgung die Coronapandemie bekämpfen Dank gebührt – diese Gelegenheit hat das Ministerium leider verstreichen lassen“, fährt der Geraer Augenarzt fort.

„Zur Frage der Kosten stelle ich fest, dass die Party – selbst wenn keine Mittel aus dem Honorartopf flossen – zumindest zum großen Teil von den Geldern der Vertragsärzte finanziert wurde. Die Begeisterung darüber unter meinen niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen hält sich in Grenzen, wie mir in verschiedenen Gesprächen bestätigt wurde. Noch unverständlicher ist es, zu sehen, wofür etwa Gelder vorhanden sind und wofür nicht. Während eine ausschweifende Party fast komplett aus dem Budget der KVT bezahlt werden kann, können bekanntermaßen 20 Prozent der in den Praxen erbrachten Leistungen nicht vergütet werden, was paradox ist“. Darüber hinaus könne man sich in einer Zeit, in der viele Thüringer Mitbürger durch die Pandemie von realen Existenzsorgen geplagt würden, auch nicht wirklich vorstellen, dass der Steuerzahler eine solche Party gutheiße, so Müller weiter. Und dass gerade das Land Thüringen, das als bundesweites Schlusslicht bei den Coronaimpfungen sicher noch Luft nach oben bezüglich des Pandemiemanagements habe, mit einer solchen Feier auffalle, weise noch mal ein besonderes Geschmäckle auf.

„Ich unterstütze es daher ausdrücklich, dass die Mitglieder des Landtags wie Babett Pfefferlein und Lutz Liebscher den Fragen nach der Kostenaufteilung und der rechtlichen Grundlage der für die Veranstaltung eingesetzten Gelder nachgehen und erwarte auch von der KVT, die eingesetzten Gelder im Zusammenhang mit dem sogenannten Budget für das Impfmanagement transparent offen zu legen“, teilt der Vorsitzende des Thüringer Hartmannbundes abschließend mit.