Nachdem die Landarztquote 2020 im Landtag beschlossen wurde, legte die Gesundheitsministerin der Linken, Heike Werner am 24. Januar 2023 nun einen Gesetzentwurf dazu vor. Durch diesen sollen strukturschwache Gegenden mit Ärztemangel in Thüringen in Zukunft suffizienter versorgt werden. Wer sich verpflichtet, nach Abschluss des Studiums noch zehn Jahre in Thüringens minderversorgten Gegenden allgemeinmedizinisch tätig zu sein, wird laut Entwurf ab 2024 gute Chancen haben, einen Studienplatz aus dem eigens hierfür reservierten Kontingent von 6 Prozent der Gesamtplätze zu erhalten. Auch eine Aufstockung dieser Quote auf bis zu 10 Prozent wäre denkbar. Theoretisch sollen die Hausärzte dann auch nach Ende der Verpflichtung weiter im Freistaat arbeiten wollen, da sie sich hier ein Leben aufgebaut haben.
Für die Vertreter der Studierenden des Thüringer Hartmannbundes sind Quotierungen, wie aktuell seitens der Landesregierung vorgesehen, der falsche Weg, da sie an der Lebensrealität der Studienenden vorbei gingen. „Sich bereits vor Beginn des Studiums für einen Facharzt entscheiden zu müssen, ist, gemessen an denen, die sich erst spät im Studium oder sogar in der Facharztausbildung für eine Disziplin entscheiden bzw. umentscheiden, abstrus. Auch die Frage der Bildungsgerechtigkeit wird, anstatt sie zu mildern, nur verschärft“, teilt der Thüringer Hartmannbund-Univertreter Julius Sülzer mit. Die studierenden „Landärzte“ würden aus dem ohnehin schon stark umkämpften Topf der Thüringer Studienplätze entfernt und seien nun nur noch für die verfügbar, die sowieso auf dem Land arbeiten wollten. „Des Weiteren lässt sich aber nicht vermeiden, dass einige, die es eigentlich nicht wollten, in einen Vertrag gezwängt werden, der eine nicht den eigenen Vorstellungen entsprechende Fachrichtung vorschreibt, deren sonstige Bedeutung unter Umständen noch gar nicht überblickt werden kann. Das sehen wir kritisch. Wir Studierende wie auch die Ärztinnen und Ärzte des Thüringer Hartmannbundes sind jedoch gern bereit, uns im konstruktiven Dialog mit der Politik an den notwendigen Debatten zu beteiligen“, ergänzt Mika Lehner, ebenfalls Univertreter des Hartmannbundes Thüringen, und sein Kommilitone Konstantin Kraft ergänzt: „Die Vertragsstrafen, die Frau Werner vorsieht, bedeuten, dass junge Ärzte, deren sozioökonomischer Hintergrund dies erlaubt, sich freikaufen und dennoch der angestrebten Disziplin folgen können. Die Studierenden, die dies nicht stemmen können, müssen sich fügen. Mehr noch, wer über genügend Kapital verfügt, kann sich bald auch in Thüringen an einer privaten Ausbildungseinrichtung einen Studienplatz kaufen, der HMU-Erfurt. Die Familie muss das Geld dafür eben nur aufbringen. Wer clever ist, geht ins Ausland und studiert dort auf eigene Kosten zu einem Bruchteil des Preises. Von Ungarn, Österreich, Polen über Tschechien bis Zypern zum Beispiel bieten sich viele interessante Möglichkeiten an, ein Medizinstudium befreit von deutschen Sanktionsandrohungen zu absolvieren.“
Die Vertreter der Studierenden des Thüringer Hartmannbundes bestätigen damit die Haltung des Landesverbandes, die auch in der letzten Stellungnahme zu dem Thema aus dem Jahr 2020 deutlich wurde. Die Lösung, mehr Ärztinnen und Ärzte für ländliche Regionen zu gewinnen, besteht aus Sicht des Thüringer Hartmannbundes letztlich darin, die Attraktivität der Landarzttätigkeit generell zu erhöhen. Dies geschehe vor allem durch eine ausgebaute Infrastruktur mit Bildungs-, Betreuungs- und Freizeitangeboten, Breitband-Internet und auch einem gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr. Daneben müsse es endlich zum längst überfälligen Abbau der Budgetierungen kommen, die in Zeiten des zunehmenden Ärztemangels ohnehin ein nicht mehr nachvollziehbares Relikt vergangener Zeit seien.