Chroniker: Gesetz würde medizinische Versorgung massiv beeinträchtigen

Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) hat den Referentenentwurf fürs Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) analysiert. Laut ZI habe das Gesetz das Potenzial, die medizinische Versorgung chronisch Kranker massiv zu beeinträchtigen.

Pro Jahr rechnen die hausärztlichen Praxen gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen im Wert von rund 13,7 Milliarden Euro ab. 8,6 Milliarden davon (63 Prozent) entfallen auf die Behandlung von chronisch kranken Versicherten. Innerhalb dieses Volumens soll es nun Umschichtungen geben.

Zum einen plant das Ministerium, eine jahresbezogene Versorgungspauschale einzuführen. Diese soll künftig ab dem ersten Kontakt eines chronisch kranken Patienten mit der Hausarztpraxis einmal jährlich abgerechnet werden können. Die jahresbezogene Versorgungspauschale ersetzt dann die bisher übliche Versichertenpauschale, die die Hausarztpraxen aktuell in jedem Quartal abrechnen, in dem mindestens ein Versichertenkontakt stattfindet. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen hausärztliche Praxisteams dadurch von Bürokratie und nicht erforderlichen Praxiskontakten der Versicherten, etwa zu Ausstellung von Folgerezepten, entlastet und so die Nachbesetzung altersbedingt freiwerdender Praxissitze unterstützt werden.

Tatsächlich dürfte die Maßnahme nach Einschätzung des Zi genau das Gegenteil dessen bewirken. Nach den Berechnungen wären Leistungen im Wert von 3,9 Milliarden Euro betroffen – also rund 45 Prozent der bisher für chronisch Kranke erbrachten Behandlungsleistungen. Dieser Betrag soll nicht erhöht werden. Allerdings soll die Versorgungspauschale je Versicherten nur von einer Hausarztpraxis abgerechnet werden dürfen, ohne dass Versicherte sich bei einer Praxis einschreiben müssen.

Kontaktiert ein chronisch kranker Versicherter also künftig mehr als eine Hausarztpraxis, bliebe die zweite und gegebenenfalls dritte Praxis trotz erfolgter Behandlungsleistung ohne entsprechende Vergütung. Wer die Vergütung erhält, würden die Praxen aber erst im Nachhinein erfahren – im ungünstigsten Fall erst ca. 15-18 Monate nach der erfolgten Behandlung. Wer keine Versorgungspauschale erhält, hätte dann aber auch nicht mehr die Möglichkeit, die bisher übliche quartalsbezogene Versichertenpauschale abzurechnen und ginge damit weitgehend leer aus.