Auch bei der Nachbesetzung einer MVZ-Anstellung müsse der nachzubesetzende Arzt fachlich geeignet sein, die Praxis fortzuführen. Es kommt für die Beurteilung der grundsätzlichen Befähigung der Bewerber zur Fortführung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V auf das Praxisprofil des konkret abzugebenden Vertragsarztsitzes an, so dass ein vormals von einem Facharzt für Chirurgie besetzter Vertragsarztsitz mangels chirurgischer Qualifikation nicht von einer Fachärztin für Orthopädie fortgeführt werden kann, so das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG BB). Die Zulassungsgremien seien im Nachbesetzungsverfahren an die vorgeschaltete Entscheidung über die Durchführung der Nachbesetzung und damit auch an die Entscheidung, dass ein fortführungsfähiges Praxissubstrat vorhanden ist, gebunden. Bei der Nachbesetzung einer Praxis im gesperrten Bereich müsse der neue Arzt die Patienten des Praxisabgebers weiterbehandeln können und damit auch fachlich dazu geeignet sein. Dies gelte ebenso bei der Nachbesetzung eines Angestelltensitzes. Im streitgegenständlichen Fall ging es um die Nachbesetzung einer halben Vertragsarztzulassung in einem MVZ, die ein Facharzt für Chirurgie als angestellter Arzt innehatte. Dieser Sitz blieb einige Zeit unbesetzt, wurde dann aber ausgeschrieben. Dabei war der Bezirk F mit 106% versorgt, der Bezirk T dagegen mit über 147%. Auf den Sitz bewarben sich eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) mit Sitz im Bezirk F, die den Vertragsarztsitz mit einer angestellten Fachärztin für Orthopädie fortführen wollte und ein Facharzt für Chirurgie, der im Bezirk T mit halber Zulassung ärztlich tätig war. Der ZA übertrug den hälftigen Vertragsarztsitz an die BAG zum Zwecke der Anstellung der Fachärztin für Orthopädie. Grundlage der Entscheidung war die Überlegung des ZA, dass der ausgeschriebene Sitz bereits seit längerem unbesetzt sei, keine Patienten mehr vorhanden seien und daher eine Weiterversorgung der chirurgischen Patienten nicht notwendig sei. Weiter begründete der ZA die Entscheidung damit, dass Bezirk F deutlich schlechter versorgt war als der Bezirk T. Der Facharzt für Chirurgie widersprach und klagte schließlich gegen diese Entscheidung, unterlag beim Sozialgericht Berlin und legte im Anschluss Berufung zum LSG BB eingelegt. Seiner Ansicht nach habe der Praxissitz im Rahmen der Nachbesetzung nicht an eine Praxis in einem anderen Verwaltungsbezirk gegeben werden dürfen. Dass ein Patientenstamm vorhanden sei, folge bereits aus den Voraussetzungen eines Nachbesetzungsverfahrens. Das LSG sah die Entscheidung des Berufungsausschusses als rechtswidrig an, hob diese auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück an den Berufungsausschuss.
Fazit: Die Entscheidung des LSG ist folgerichtig und praxisnah. Schon die Entscheidung der Nachbesetzung impliziert, dass eine nachbesetzungsfähige Praxis überhaupt besteht. Wenn das der Fall ist, so muss im Sinne der Fortführung der Praxis natürlich auch das ausgeschriebene Fachgebiet nachbesetzt werden. Kurzum: Der Sitz eines Chirurgen muss auch mit einem Chirurgen nachbesetzt werden. Weil Chirurgen bedarfsplanungsrechtlich mit den Orthopäden in einer gemeinsamen Arztgruppe sind und die Zulassungsgremien im Nachgang zur Ausschreibung die Fortführungsfähigkeit der Praxis in rechtswidriger Weise verneinten, geriet diese Logik überhaupt in Zweifel.
LSG Berlin, Urteil vom 19.02.2025 (Az.: L 7 KA 23/22)