Das Bundessozialgericht (BSG) hatte einen Fall sachlich-rechnerischer Richtigstellung der Abrechnung eines MVZ für anderthalb Quartale zu entscheiden. Strittig war die Abrechnung spezieller Laboratoriumsuntersuchungen, die ein im MVZ neu angestellter Facharzt für Laboratoriumsmedizin trotz fehlender Genehmigung durch die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV) erbracht hatte. Die Erbringung und Abrechnung spezieller Laboratoriumsuntersuchungen setze eine entsprechende Genehmigung der KV voraus; dies gelte grundsätzlich auch bei der Leistungserbringung durch Ärzte für Laboratoriumsmedizin, urteilte das BSG.
Sachverhalt: Der zuständige Zulassungsausschuss genehmigte die Beschäftigung des angestellten Facharztes für Laboratoriumsmedizin zu Anfang Oktober. Mit separatem Schreiben vor Zulassungsbeginn wies die Abteilung Qualitätssicherung der zuständigen KV darauf hin, dass eine Genehmigung der KV notwendig sei, wenn der angestellte Arzt genehmigungspflichtige Leistungen erbringen sollte. Das Schreiben enthielt alle nötigen Hinweise und Handlungsanweisungen in Bezug auf die Beantragung der Genehmigung. Der angestellte Facharzt nahm seine Tätigkeit beim MVZ Anfang Oktober auf, aber erst Ende Januar beantragte das MVZ bei der KV die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Laboratoriumsuntersuchungen aus den Abschnitten 1.7 und 32.3 Einheitlicher Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen. Noch am selben Tag genehmigte die KV die Durchführung und Abrechnung der beantragten Laboruntersuchungen durch den Angestellten mit Wirkung ab Genehmigung. Dagegen legte das MVZ Widerspruch ein und begehrte eine zum Zulassungszeitpunkt rückwirkende Genehmigung. Die Berichtigung der Honorarforderung belief sich für anderthalb Quartale auf circa 212 000 Euro.
Das betroffene MVZ rügte im laufenden Verfahren insbesondere einen Verstoß gegen die Zulassungs- und Genehmigungsvoraussetzungen des SGB V sowie eine Verletzung ihrer verfassungsgemäßen Rechte auf Berufsausübungsfreiheit. Es ist der Auffassung, es benötige für seine angestellten Fachärzte für Laboratoriumsmedizin neben der Anstellungsgenehmigung keine gesonderte Genehmigung der KV, um Speziallaborleistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen und abrechnen zu dürfen. Mit der Anstellungsgenehmigung eines Facharztes für Laboratoriumsmedizin habe es die Berechtigung erlangt, die von ihm erbrachten Speziallaborleistungen abzurechnen. Die durch Art 12 Abs 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit sei verletzt, da Leistungen des Speziallabors für Fachärzte für Laboratoriumsmedizin wesentlich und prägend seien und damit die Beschränkung der Erbringung dieser Leistungen einer besonderen sachlichen Rechtfertigung bedürfe. Eine gesonderte Abrechnungsgenehmigung für Laborfachärzte lasse sich auch nicht unter Qualitätsgesichtspunkten rechtfertigen, da der Fachkundenachweis im Sinne des § 135 Abs 2 SGB V mit der Facharztqualifikation als erbracht gelte.
Begründung: Dies sah das BSG anders. Das strittige Genehmigungserfordernis halte sich innerhalb des Ermächtigungsrahmens des § 135 Abs 2 SGB V, der für spezielle Fachkundenachweise eine Sonderregelung in den Bundesmantelverträgen vorsehe. Dieser Erlaubnisvorbehalt diene der Sicherung der Qualität der Versorgung in einem bedeutsamen medizinisch technischen Leistungsbereich und berge damit eine wichtige Kontrollmöglichkeit. Dem stünden die gesetzlich normierten Zulassungsvoraussetzungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegen. Darüber hinaus sei die berufswahlnahe Ausübungsregelung als Eingriff in die ärztliche Berufsausübungsfreiheit vor dem Hintergrund der Qualitätssicherung gerechtfertigt. Die große Bedeutung, die der Qualitätssicherung im Bereich der Labormedizin zukomme, finde ihren Ausdruck auch in der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Qualitätsanforderungen nach der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung labormedizinischer Untersuchungen.
Der Senat ging in ständiger Rechtsprechung zudem davon aus, dass die Genehmigung nicht rückwirkend, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft getroffen werden können. Dies folge aus dem System des Vertragsarztrechts, das nach wie vor durch das Naturalleistungsprinzip in Verbindung mit der Beschränkung der Leistungserbringung auf einen umgrenzten Kreis dafür qualifizierter Leistungserbringer geprägt sei. Leistungserbringern müsse damit die Berechtigung zur Erbringung von Leistungen – abgesehen von Notfällen – förmlich zuerkannt werden.
Fazit: Keine Abrechnung genehmigungspflichtiger Leistungen ohne entsprechende Genehmigung. Klingt einleuchtend. Da jedoch im konkreten Fall der Facharzt für Laboratoriumsmedizin grundsätzliche alle Voraussetzungen erfüllte und aus diesem Grund nach Antragstellung postwendend die Genehmigung von der KV erhielt, legt zumindest die Vermutung nahe, bei der Einhaltung der Formerfordernisse handele es sich um bloßen Selbstzweck. Das BSG stützt sich in einer Entscheidung jedoch auf den Qualitätssicherungsaspekt, der ein solches Vorgehen und damit auch den unbestrittenen Eingriff in die ärztliche Berufsausübungsfreiheit vollumfänglich rechtfertige. Es klassifiziert das Vorgehen als „präventive Kontrollmöglichkeit“, im Rahmen derer bei begründetem Anlass – etwa in Gestalt von Umständen, die geeignet sind, Zweifel an der Qualifikation eines Facharztes für Laboratoriumsmedizin zur Erbringung von Laborleistungen zu begründen – die Genehmigung versagt werden könne.
Die Kasseler Richter bestätigten darüber hinaus die Spruchpraxis des BSG zum Rückwirkungsverbot. Aus Gründen des Schutzes aller zur Leistungserbringung Berechtigter und aus ihr Verpflichteter und insbesondere zum Schutz der Versicherten müsse bereits zu Beginn einer vertragsärztlichen Behandlung feststehen, ob die zu erbringenden Leistungen innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt und vergütet werden dürfen.
BSG, Urteil vom 24.10.2018 (Az.: B 6 KA 45/17 R)