BSG: Krankengeldanspruch nur bei lückenloser AU

Das Bundessozialgericht (BSG) urteilte in drei Fällen zum Anspruch auf Krankengeld aufgrund von Arbeitsunfähigkeit (AU). Nur eine tatsächlich lückenlose AU, so die Kasseler Richter, rechtfertige den Bezug von Krankengeld. Rückwirkende Bescheinigungen seien nicht möglich und auch Entscheidungen über Folgebescheinigungen erforderten grundsätzlich einen Arzt-Patienten-Kontakt. Das BSG räumte jedoch ein, dass es einem rechtzeitigen Arzttermin gleichstünde, wenn der Versicherte sich nachweislich intensiv, aber erfolglos um einen solchen Termin in seiner oder einer anderen Praxis bemüht hat.

Im einem der vorliegenden Streitfälle war der Patient und Versicherungsnehmer wegen eines Leistenbruchs arbeitsunfähig und bezog zuletzt Krankengeld. Seine Ärztin hatte die AU bis zu dem Tag bescheinigt, an dem die Operation (OP) stattfinden sollte, weil ab dem OP-Tag das Krankenhaus für eine entsprechende Bescheinigung zuständig ist. Die OP wurde jedoch um eine Woche verschoben und das Krankenhaus bescheinigte die AU erst ab dem späteren OP-Termin. Streitig war, ob die Lücke von einer Woche nach damaligem Recht zu einem Verlust (nach heutigem Recht zum Ruhen) des Krankengeldanspruchs führte. Denn hier kam als Fakt hinzu, dass die Ärztin am letzten Tag der AU-Bescheinigung zusätzlich in einen Fragebogen gegenüber der Krankenkasse angegeben hatte, dass der Wiedereintritt der AU erst nach der geplanten, aber nun verlegten OP absehbar sei. Der Versicherte hatte zudem nach eigenen Angaben in der Praxis der Ärztin angerufen und die Auskunft bekommen, dass unter den gegebenen Umständen die AU des Krankenhauses rückwirkend gelte.

Das BSG hob die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) auf, welches im vorliegenden Fall den Anspruch auf Krankengeld bejaht hatte. Es wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Das LSG müsse zunächst ermitteln, ob der Versicherte tatsächlich in seiner Praxis angerufen und dort die bereits erwähnte falsche Auskunft erhalten habe. Zudem solle das Gericht prüfen, ob die prognostischen Angaben der Ärztin in dem Formular an die Krankenkasse tatsächlich einer konkreten AU-Bescheinigung gleichstünden. Nur wenn beides zutreffe, habe der Anspruch auf Krankengeld tatsächlich Bestand.

Fazit: Insbesondere in Pandemiezeiten sind Verlegungen von geplanten Operationen an der Tagesordnung. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sollten daher ihre Praxisteams für die Thematik der lückenlosen bzw. Anschluss-AU sensibilisieren. Dies gilt insbesondere immer dann, wenn sicher ist, dass Patientinnen und Patienten erst nach einer geplanten OP wieder arbeitsfähig sein werden.

BSG, Urteile vom 29.10.2020 (Az.: B 3 KR 6/20 R, B 3 KR 5/20 R; B 3 KR 9/19 R)