BSG: Maximal 30 Minuten zwischen Praxis und Krankenhaus

Als Belegarzt ist nicht geeignet, wer seine Belegbetten im Krankenhaus vom Praxissitz aus nicht innerhalb von 30 Minuten typischerweise erreichen kann, urteilte das Bundessozialgericht (BSG). Bereits aus dem Wortlaut des § 39 Abs. 5 Nr. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) ergebe sich eine Ungeeignetheit des Belegarztes, wenn „(…) dessen Wohnung und Praxis nicht so nahe am Krankenhaus liegen, dass die unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der von ihm ambulant und stationär zu betreuenden Versicherten gewährleistet ist (…)“.

Gegenstand des Verfahrens war die Klage eines Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie. Die Fahrzeit zwischen dessen Praxissitz und dem Krankenhaus sei im konkreten Fall mit ca. 39 Minuten zu lang, urteilten die Kasseler Richter. Auch der Umstand, dass der Kläger mit anderen Belegärzten einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) bzw. des Krankenhauses kooperativ im Rahmen seiner Tätigkeit als Belegarzt zusammenarbeiten wolle, rechtfertige keine andere Beurteilung. Durch die gemeinsame Tätigkeit mehrerer Belegärzte gleicher Fachrichtung an einem Krankenhaus könne eine kontinuierliche individuelle Krankenversorgung und eine bessere Zusammenarbeit bei der Abdeckung der Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften sichergestellt werden. Dies ändere aber nichts daran, dass die Belegarztanerkennung stets personenbezogen zu prüfen und zu erteilen ist.

Fazit:

Belegärzte, die Belegpatienten im Krankenhaus vollstationär oder teilstationär behandeln, sind zwar Leistungserbringer im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung. Dies ist jedoch nicht gleichbedeutend damit, dass die Abschaffung der Residenzpflicht für Vertragsärzte auch im Rahmen einer Belegarztanerkennung gilt. Die Vorgabe des BMV-Ä hinsichtlich der unverzüglichen Versorgung der zu betreuenden Patienten ist Ausdruck einer besonderen persönlichen Verantwortung von Belegärztinnen und -ärzten, neben der ambulanten Tätigkeit bedarfsgerecht im Belegkrankenhaus anwesend zu sein. Interessant ist jedoch, dass das BSG sehr wohl Spielraum für KBV und GKV-Spitzenverband sieht, die Residenzpflicht unter Berücksichtigung größerer und flexiblerer ambulanter Strukturen aufzuweichen, sofern dies die (ohnehin bereits gefährdete) belegärztliche Tätigkeit sichern könnte. Es sei Sache der Partner der Bundesmantelverträge, so das BSG, die Voraussetzungen der Anerkennung als Belegarzt zu modifizieren, wenn dies zur künftigen Gewährleistung der belegärztlichen Tätigkeit geboten erscheine.

BSG, Urteil vom 17.03.2021 (Az.: B 6 KA 3/20 R)