BSG: MVZ-Anstellung und Gesellschafterstellung schließen sich aus

Eine Anstellungsgenehmigung kann auch dann, wenn ein Vertragsarzt in einem gesperrten Planungsbereich auf seine Zulassung verzichtet, um in einem MVZ tätig zu werden, nur erteilt werden, wenn der betreffende Arzt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis in dem MVZ anstrebt. Die Einordnung als angestellter Arzt schließt die Zulassung als Vertragsarzt aus und umgekehrt kann einem zugelassenen Vertragsarzt für dieselbe Tätigkeit nicht gleichzeitig eine Anstellungsgenehmigung erteilt werden, urteilte das Bundessozialgericht (BSG). Die Klägerin in diesem Verfahren war eine MVZ GbR, welche vom Berufungsausschuss (BA) die Genehmigung begehrte, ihre beiden als Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Nephrologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Gesellschafter in dem von ihr betriebenen MVZ auch als Ärzte anzustellen. Beide Gesellschafter sind zugleich Geschäftsführer und jeweils zur Hälfte am Vermögen und am Gewinn der Klägerin beteiligt. Bereits der BA war der Auffassung, eine Anstellungsgenehmigung könne nur für Angestellte im Sinne des Arbeits- bzw. Sozialversicherungsrechts und nicht für zugleich selbstständig Tätige erteilt werden. Das zuständige Sozialgericht war anderer Auffassung: Ärzte könnten bei einem MVZ angestellt sein, auch und gerade, wenn sie Gesellschafter des MVZ seien. Zivil-, gesellschafts-, steuer-, arbeits- oder sozialversicherungsrechtliche Aspekte hinderten die Erteilung der Anstellungsgenehmigung nicht, wenn – wie hier – vertragsarztrechtliche Belange nicht entgegenstünden. Weder die Größe ihres Gesellschafteranteils noch ihr Einfluss auf die MVZ-GbR und damit die arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Einordnung ihrer Beschäftigung als abhängig Beschäftigte oder als selbstständig Tätige erlaube es den Zulassungsgremien, die Genehmigung der Anstellung zu versagen. Es entspreche dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers und dem Ziel der besonderen Organisations- und Kooperationsform MVZ, dass angestellte Ärzte ihr MVZ als Gesellschafter (mit-)tragen.

Das BSG jedoch stellte auf die klare Unterscheidung zwischen angestellten Ärzten und Vertragsärzten im Vertragsarztrecht ab und legte insofern den Begriff der „Anstellung“ als Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne aus. Gegen ein erweitertes Verständnis des Begriffs des angestellten Arztes speziell im MVZ spräche, dass Ärzte in einem MVZ die Möglichkeit hätten, als Vertragsärzte tätig zu werden. Ein Arzt könne nicht dieselbe Tätigkeit sowohl in der Rolle des angestellten Arztes als auch in der Rolle des Vertragsarztes verrichten. Der Senat wies für den abweichenden Fall auf die Konsequenz hin, dass Gesellschafter die Rechtsmacht hätten, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen und damit die eigene Weisungsgebundenheit als Angestellte der Gesellschaft aufzuheben.

Fazit: Das BSG-Urteil ist geeignet, weitreichende Folgen für vertragsärztliche Gründungen von MVZ zu haben, da es die Möglichkeiten ärztlicher MVZ-Gesellschafter insbesondere kleiner MVZ stark einschränkt. Nicht selten bringen MVZ-Gründer ihre bisherige Vertragsarztzulassung in ein MVZ ein, werden dann als angestellter Arztes tätig, bleiben aber gleichzeitig Gesellschafter beziehungsweise Anteilseigentümer der MVZ-Gesellschaft. Laut Schätzungen des Bundesverbandes Medizinischer Versorgungszentren e.V. basierten deutschlandweit 800 bis 1.000 bestehende MVZ auf einem solchem Konstrukt. Da der Gesetzgeber zuletzt vor ca. drei Jahren im SGB V die gesellschaftsrechtliche Beteiligung von angestellten MVZ-Ärzten noch einmal bestätigt hatte, könnte hier möglicherweise eine Nachregelung vonnöten sein, um bestimmte Konstellationen (z.B. bei Mehrheitsbeteiligungen) auszuschließen.

Eine genauere Analyse der Auswirkungen dieser Entscheidungen ist erst bei Vorliegen der ausführlichen Entscheidungsbegründung möglich.

BSG, Urteil vom 26.01.2022 (Az.: B 6 KA 2/21 R)