Doppelzulassung begründet keinen zweiten Arztsitz

Ein Vertragsarzt mit zwei fachärztlichen Zulassungen kann nicht zwei Arztsitze abgeben. Auch ein solcher Arzt habe insgesamt nur einen Versorgungsauftrag. Das hat der Vertragsarztsenat des Bundessozialgerichts (BSG) klargestellt. Eine Aufspaltung, die im Ergebnis zu einer wirtschaftlichen „Doppelverwertung“ des Arztsitzes führt, scheide generell aus.

Geklagt hatte ein Arzt, der 1978 für die vertragsärztliche Tätigkeit in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe und 1996 zusätzlich für Anästhesiologie zugelassen worden war. Anfang 2010 verzichtete er zugunsten einer Anstellung in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MV) auf seine Zulassung als Frauenarzt. Das MVZ erhielt im Zuge dessen die Genehmigung zur Anstellung des Klägers im Umfang von 31 Wochenstunden. Ende April desselben Jahres beantragte der Arzt bei der beklagten Kassenärztlichen Verteinigung (KV), auch seinen anästhesiologischen Sitz auszuschreiben. Das lehnte die KV mit der Begründung ab, dass mit dem Verzicht auf die Zulassung als Frauenarzt seine Zulassung insgesamt geendet habe.

Die Klage des Arztes gegen diese Entscheidung blieb durch sämtliche Instanzen ohne Erfolg. Das BSG hatte die Revision zugelassen, um die Frage höchstrichterlich zu klären. Im Ergebnis wies es den Arzt nun aber ebenfalls ab. „Die Zulassung des Klägers hat durch seinen erklärten Verzicht zugunsten einer Angestelltentätigkeit in Vollzeit in einem MVZ insgesamt geendet, auch wenn sich dessen Erklärung nach ihrem Wortlaut nur auf seine Zulassung als Frauenarzt bezog“, urteilten die Kasseler Richter. Dies gelte vor allem dann, wenn der Verzicht die Voraussetzung für die Genehmigung seiner Anstellung im MVZ im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags gewesen war. Somit sei kein Vertragsarztsitz mehr für das Gebiet Anästhesiologie verblieben, der ausgeschrieben werden könnte.

Dem Argument des Klägers, jede Zulassung begründe einen eigenen Vertragsarztsitz mit vollem Versorgungsauftrag, folgte der Vertragsarztsenat nicht. Stattdessen stützte er die Rechtsauffassung der KV, wonach ein Arzt auch nur einen Versorgungsauftrag haben könne. Zwei Zulassungen würden dementsprechend in der Bedarfsplanung unabhängig von der tatsächlichen Aufteilung jeweils mit einem halben Sitz berücksichtigt. „Ein für zwei Fachgebiete zugelassener Arzt kann seinen Zulassungsverzicht nicht so gestalten, dass er seinen Vertragsarztsitz doppelt verwertet, weil auch ein solcher Arzt ungeachtet seiner Doppelzulassung insgesamt nur einen Versorgungsauftrag hat“, erklärten die Kasseler Richter. Innerhalb dieses einen Versorgungsauftrages könne ein Arzt mit Doppelzulassung allerdings frei entscheiden, in welchem Fachbereich er seinen Schwerpunkt setzen will. Weil er dies jederzeit ändern könne, sei es richtig, dass die KV den Sitz planerisch hälftig aufteile.

Az.: B 6 KA 32/15