Das Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, den Vollzug einer einrichtungs- und unternehmensbezogenen Nachweispflicht (§ 20a und § 73 Abs. 1a Nr. 7e bis 7h IfSG) vorläufig auszusetzen, abgelehnt. Die Einführung der einrichtungs- und unternehmensbezogenen Pflicht zum Nachweis einer Impfung, Genesung oder Kontraindikation als solche begegne zum Zeitpunkt der Entscheidung keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der sehr geringen Wahrscheinlichkeit von gravierenden Folgen einer Impfung stehe in der Abwägung letztlich die deutlich höhere Wahrscheinlichkeit einer Beschädigung von Leib und Leben vulnerabler Menschen gegenüber. Es bestünden aber Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gewählten gesetzlichen Regelungstechnik einer doppelten dynamischen Verweisung, da die Vorschrift auf die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung verweist, die ihrerseits wiederum auf Internetseiten des Paul-Ehrlich-Instituts und des Robert Koch-Instituts verweist. Insoweit stelle sich die Frage, ob und inwieweit eine bindende Außenwirkung der dynamisch in Bezug genommenen Regelwerke der genannten Bundesinstitute hier noch eine hinreichende Grundlage im Gesetz finde. Sollte dies der Fall sein, bedürfte es weiterer Aufklärung, ob und inwieweit ein tragfähiger Sachgrund auch dafür vorliegt, dass nicht dem Verordnungsgeber selbst die Konkretisierung des vorzulegenden Impf- oder Genesenennachweises übertragen ist, sondern dies den genannten Bundesinstituten überlassen wird.
Fazit: Bei der Analyse darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich um eine Eilentscheidung des BVerfG im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes handelt. Wird die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes begehrt, gelten dafür besonders hohe Hürden, weil dies einen erheblichen Eingriff in die originäre Zuständigkeit des Gesetzgebers darstellt. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss quasi unabdingbar sein. Die abschließende Prüfung der Verfassungsmäßigkeit bleibt auch in diesem Fall dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
BVerfG, Beschluss vom 10.02.2022 (Az.: 1 BvR 2649/21)