Gesundheitspolitische Baustellen im Fokus: 127. Deutscher Ärztetag

Da verblassen für wenige Augenblicke selbst die heftigsten Kontroversen über aktuelle gesundheitspolitische Baustellen: Standing Ovations und die eine oder andere nur mühsam unterdrückte Träne gab es bei der Ehrung für Dr. Leon Weintraub, der von der Bundesärztekammer mit der Paracelsus-Medaille ausgezeichnet wurde. Der 97jährige Überlebende mehrerer Konzentrationslager wurde nicht nur für sein ärztliches Wirken, sondern auch für sein bis heute andauerndes Engagement für Mahnung und Versöhnung gewürdigt.

 

Ansonsten gab es bei der Eröffnung des 127. Deutschen Ärztetages in Essen zunächst eine klare Ansage von Gastgeber-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann für Bundesgesundheitsminister Lauterbach in Sachen Krankenhausreform („Das geht nur gemeinsam.“) und anschließend deutliche Worte des BÄK-Präsidenten und HB-Vorsitzenden Dr. Klaus Reinhardt. Seine Forderungen zur angemessenen Beteiligung von Ärztinnen und Ärzten an den Gesetzgebungsprozessen („Wie es jetzt läuft, ist das irgendwann demokratiegefährdend.“), die Kritik am Umgang mit den Akteuren der ambulanten Versorgung („Wenn Sie uns da im Blick haben, dann um zu kürzen und zu streichen.“) und seine erneute Forderung nach der Verabschiedung der neuen GOÄ garnierte Reinhardt abschließend mit der Erinnerung an ein Zitat eines deutschen Altkanzlers: „Lieber Herr Minister Lauterbach, ich glaube, dass Sie Visionen haben. Helmut Schmidt hat einmal gesagt, wer Visionen hat, der sollte zum Arzt gehen. In diesem Sinne begrüße ich Sie herzlich auf dem Deutschen Ärztetag.“… Die zweiten Standing Ovations an diesem Vormittag, und der Deutsche Ärztetag war eröffnet. Die vollständige Rede des BÄK-Präsidenten finden Sie HIER zum Nachlesen.

 

 

Auf dem Ärztetag widmen sich die Abgeordneten bis Freitag unter anderem mit den angekündigten Versorgungsgesetzen I und II, der Neuausrichtung der Krankenhausplanung und -vergütung sowie vielen weiteren gesundheitspolitischen Themen. Unter dem Titel „Freiheit und Verantwortung in der ärztlichen Profession“ werden sich die Abgeordneten des 127. Deutschen Ärztetages mit dem Verständnis des ärztlichen Berufs als Profession beschäftigen.

 

In einem weiteren Schwerpunktthema wird das Ärzteparlament – gemeinsam mit externen Referenten, wie zum Beispiel der nordrhein-westfälischen Bildungsministerin Dorothee Feller – über die Förderung der Gesundheitskompetenz bei Kindern und Jugendlichen und die Einführung eines Schulfachs „Gesundheit“ beraten.

 

Mit Spannung erwartet: Darüber hinaus finden auf dem 127. Deutschen Ärztetag 2023 Wahlen statt. Gewählt werden eine Präsidentin bzw. ein Präsident, zwei Vizepräsident:innen und zwei weitere Ärzt:innen. Nach derzeitigem Stand läuft es beim höchsten Amt auf eine Entscheidung zwischen Dr. Klaus Reinhardt und Dr. Susanne Johna, der Vorsitzenden des Marburger Bundes, hinaus.

 

 

Im Vorfeld des DÄT fand am Montag übrigens bereits das „Dialogforum mit jungen Ärztinnen und Ärzten“ der Bundesärztekammer statt. Unter dem Motto „Besser (be)handeln im Team“ wurde diskutiert, wie eine teamorientierte und kooperative Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsfachberufen gelingen kann. Mit dabei war auch Dr. Moritz Völker, Vorsitzender des HB-Arbeitskreises „Junge Ärztinnen und Ärzte“. Er berichtete aus der „Praxis“, wie es mit der interprofessionellen Zusammenarbeit klappen kann.

 

Der Ärztetag beschäftigt sich bis Freitag mit zahlreichen Anträgen auch von Delegierten aus den Reihen des Hartmannbundes. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten. 

 

(Fotos Eröffnung/Dialogforum BÄK/Ärzteblatt Jürgen Gebhardt)