Ein Krankenhaus, in dem ein Patient grob fehlerhaft operiert worden ist, haftet auch für die Folgen einer dadurch notwendigen weiteren und ebenfalls fehlerhaften Behandlung in einer anderen Klinik, wenn der nach der Zweitbehandlung eingetretene Schaden nicht allein dem zweiten Operateur zugeordnet werden kann. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und einer Patientin 70.000 Euro Schmerzensgeld, einen mit 30.160 Euro berechneten einmaligen Haushaltsführungsschaden sowie Haushaltsführungskosten von monatlich 156 Euro zugesprochen.
Die Patientin litt an einer Magenanomalie, die sie im April 2009 im beklagten Krankenhaus operieren ließ. Dabei wurden die Nähte fehlerhaft gesetzt, so dass eine Revisionsoperation in einer anderen Klinik notwendig wurde. Bei der Zweitoperation löste der Operateur die bei der ersten Operation fehlerhaft fixierten Nähte, versäumte es aber, den Magen der Klägerin korrekt zu befestigen. Die Anomalie blieb deswegen weiterhin bestehen. Da dies längere Zeit unbehandelt blieb, kam es zu einer Magenblähung, die eine Magenteilresektion notwendig machte, in deren Folge es zu einer Magentransportschädigung kam. Zudem stellten sich Wundheilungsstörungen ein. Aufgrund dieser Folgen wurde die Patientin bis zum Jahre 2013 wiederholt stationär behandelt und mehrfach operiert.
Die Patientin verklagte das erste Krankenhaus auf ein Schmerzensgeld in Höhe von 70.000 Euro sowie einen mit 2.600 Euro pro Monat für die Zeit ab der ersten Operation berechneten Haushaltsführungsschaden. Sie argumentierte, dass das beklagte Krankenhaus auch für die fehlerhafte Revisionsoperation und die weiteren Komplikationen einzustehen habe, da diese eine Folge der fehlerhaft durchgeführten ersten Operation seien. Das zuständige Landgericht sprach der Klägerin jedoch nur 8.000 Euro Schmerzensgeld und einen für drei Monate berechneten Haushaltsführungsschaden in Höhe von 4.680 Euro zu. Die fehlerhafte Revisionsoperation habe den Kausalzusammenhang unterbrochen, argumentierten die Richter, so dass das beklagte Krankenhaus nicht mehr für die Schäden hafte, die nach der zweiten Operation eingetreten seien.
Das OLG hingegen folgte dieser Auffassung in der Berufung nicht. Das beklagte Krankenhaus hafte sowohl für den Behandlungsfehler bei der ersten Operation als auch für die weiteren Folgen, die auf diesen Behandlungsfehler zurückzuführen seien. Die fehlerhafte Revisionsoperation im Juni 2009 habe den rechtlichen Zurechnungszusammenhang zwischen dem ersten Behandlungsfehler und den weiteren Schadensfolgen nicht unterbrochen, heißt es in der Urteilsbegründung. Bei der Revisionsoperation sei zwar ein grober Behandlungsfehler unterlaufen, jedoch sei sie aufgrund der behandlungsfehlerhaften Erstoperation notwendig gewesen. In einem solchen Fall habe der erstbehandelnde Arzt haftungsrechtlich für den weiteren Eingriff und die mit ihm verbundenen Folgen einzustehen. Das gelte grundsätzlich auch, wenn der weitere Eingriff behandlungsfehlerhaft erfolge.
Für eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs zu dem früheren Behandlungsfehler hätte der Arzt bei der Zweitoperation in außergewöhnlich hohem Maße die an ein gewissenhaftes ärztliches Verhalten zu stellenden Anforderungen außer Acht lassen und derart gegen alle ärztlichen Regeln und Erfahrungen verstoßen müssen, dass der nach seiner Behandlung eingetretene Schaden im Rahmen einer haftungsrechtlichen Bewertung allein seinem Handeln zuzuordnen sei, so die Richter. Ein solcher besonders grober Behandlungsfehler sei dem Operateur der Revisionsoperation allerdings nicht unterlaufen. Das OLG folgte damit der Einschätzung des medizinischen Sachverständigen. Der Fehler bei der Revisionsoperation sei zwar als schwerwiegend, aber noch nicht völlig ungewöhnlich und unsachgemäß einzustufen. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Az.: 26 U 37/14