Dr. Med. – Heilen ohne Hut?

Umfrage des Hartmannbundes unter seinen Medizinstudierenden und Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung zur medizinischen Promotion (2016/17)

Die große Mehrheit der Medizinstudierenden möchte einen Doktortitel erwerben. Wissenschaftlich arbeiten wollen dagegen nur die wenigsten. Diese und viele andere wichtige Erkenntnisse liefert die Umfrage „Dr. med. – Heilen ohne Hut?“ des Hartmannbundes. An dieser haben 2.291 Medizinstudierende teilgenommen. Auch 1.027 Assistenzärzte wurden zur medizinischen Promotion befragt.

Nachwuchsärzte wollen mehrheitlich einen Doktortitel, aber nur noch selten Forscher werden

Der Hartmannbund hat von Dezember 2016 bis März 2017 unter seinen Medizinstudierenden und Assistenzärzten Umfragen zur medizinischen Promotion durchgeführt, unter anderem um herauszufinden, wie der ärztliche Nachwuchs zum „Dr. med.“ steht.

Die große Mehrheit der Medizinstudierenden möchte einen Doktortitel erwerben. Wissenschaftlich arbeiten wollen dagegen nur die wenigsten. Gerade einmal 20 Prozent der 2.291 studentischen Teilnehmer der Umfrage „Dr. med. – Heilen ohne Hut?“ können sich vorstellen, später in der Forschung zu arbeiten. Der Großteil der Befragten favorisiert eine Tätigkeit in der Patientenversorgung.

Schlechte Noten vergeben die Studierenden hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Ausbildung und Vorbereitung auf die Promotion. So bewerten mehr als zwei Drittel ihre Fähigkeit, wissenschaftlich zu arbeiten, nur mit den Noten drei bis fünf, und 70 Prozent die wissenschaftliche Ausbildung an ihren Fakultäten in ihrer Gesamtheit nur mit befriedigend bis mangelhaft. Wenig optimistisch stimmt auch die Selbsteinschätzung der Studierenden hinsichtlich ihrer Begeisterung für die Wissenschaft: Nur 12 Prozent der Umfrageteilnehmer schätzen diese als „sehr hoch“ ein, weitere 27 Prozent immerhin noch als „hoch“.

Auch spannend: Nur 44 Prozent der Studierenden sehen in der Erlangung der medizinischen Promotion einen Nutzen für ihre spätere ärztliche Tätigkeit ‒ an „keinen Nutzen“ glauben 36 Prozent. Von den 1.027 Assistenzärzten, die im Rahmen der Hartmannbund-Umfrage zum Thema „Ärztliche Arbeitswelten. Heute. Und Morgen.“ ebenfalls Fragen zur medizinischen Promotion beantwortet haben, geben sogar ca. 60 Prozent an, dass der „Dr. med.“ keinen Nutzen für ihre ärztliche Tätigkeit bringt. Zwar haben immerhin 322 der Assistenzärzte ihren Doktortitel bereits in der Tasche, aber 468 Assistenzärzte arbeiten noch immer an ihrer Dissertation ‒ die Mehrheit dieser Gruppe hat aber bereits während des Studiums mit der Dissertation begonnen und fühlte sich nicht gut auf die Promotion vorbereitet; 92 Prozent vergeben an ihre Universitäten nur die Noten drei bis fünf für die Vorbereitung.

Überraschend: Bei der Mehrheit der befragten Assistenzärzte, so deren Einschätzung, legt der Arbeitgeber keinen Wert auf eine Promotion. Die Mehrheit der Assistenzärzte glaubt aber, dass der Doktortitel Einfluss darauf hat, wie sie als Ärzte von ihren Patienten wahrgenommen werden. Das deckt sich auch mit den Antworten zur Motivation, warum der Titel angestrebt wird. Ganz vorn mit dabei: „Gehört einfach zum Arztberuf dazu“. Auch bei den Studierenden sind Prestige, Ansehen seitens der Patienten, akademischer Titel, „gehört zum Arztberuf“ und bessere Berufschancen wichtige Gründe für den Wunsch nach dem „Dr. med.“.

Nicht ganz ohne Bedeutung ist bei den befragten Studierenden die Tatsache, dass die medizinische Promotion studienbegleitend durchgeführt werden kann. Dieser große Vorteil der Mediziner gegenüber anderen Fachrichtungen scheint sich auch auf die bundesweiten Promotionszahlen auszuwirken. Der Trend, einen Doktortitel in der Medizin erlangen zu wollen, ist ungebrochen. Seit Jahren sind die Absolventenzahlen bei den Promotionen in der Humanmedizin laut Statistischem Bundesamt stabil. Im Jahr 2015 waren es 6.362 Promotionen ‒ gegenüber 22.856 Promotionen anderer Fachrichtungen. Demnach erhält jährlich jeder fünfte Promovierende in Deutschland einen Doktortitel in der Humanmedizin.

In den Umfragen außerdem abgefragt wurden Meinungen zur Unterstützung/Betreuung bei der Promotion sowie zur wissenschaftlichen Ausbildung.

An dieser Stelle eine Auswahl an Ergebnissen:

  • Mehr als zwei Drittel der Studierenden bewerten ihre Fähigkeit, wissenschaftlich zu arbeiten, nur mit den Noten drei bis fünf.
  • 70 Prozent der Studierenden bewerten die wissenschaftliche Ausbildung an ihren Fakultäten in ihrer Gesamtheit mit befriedigend bis mangelhaft.
  • Nur wenig optimistisch stimmt auch die Selbsteinschätzung der Studierenden hinsichtlich ihrer Begeisterung für die Wissenschaft: Nur 12 Prozent der Umfrageteilnehmer schätzen diese als „sehr hoch“ ein, weitere 27 Prozent immerhin noch als „hoch“.
  • Die Mehrheit der befragten Studierenden fühlt sich auf ihre Promotion nicht gut vorbereitet. Von denjenigen, die bereits ihre Dissertation geschrieben haben, vergeben 68 Prozent an ihre Fakultäten die Noten drei bis fünf. Bei denjenigen, die aktuell noch schreiben, fällt die Quote (Note drei bis fünf) mit 85 Prozent noch schlechter aus.
  • Die Mehrheit der befragten Studierenden sieht in der Betreuung während der Erstellung der Dissertation sowie in der Erlangung wissenschaftlicher Kompetenz im Studium das größte Verbesserungspotential im Promotionsverfahren.
  • Zwei Drittel der Studierenden glauben, dass eine fundierte studienbegleitende Promotion unter den heutigen Studienbedingungen nur schwer bis nicht zu schaffen ist.

Pressemitteilung des Hartmannbundes vom 28. März 2017

Detailergebnisse der Umfrage unter den Medizinstudierenden

Detailergebnisse der Umfrage unter den Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung

„Medizinische Promotion und wissenschaftliche Ausbildung im Medizinstudium“ (Positionspapier des Ausschusses „Medizinstudierende im Hartmannbund“)