‚Geschafft!‘ titelte die ÄrzteZeitung heute Morgen ihre Sonderausgabe zum Abschluss des Deutschen Ärztetages in Essen. Das mag gestern Mittag vor allem dem Vorsitzenden des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, durch den Kopf gegangen sein, als er sich beim „Zweikampf“ um das Präsidentenamt der Bundesärztekammer gegen Dr. Susanne Johna durchgesetzt hatte. Aber über dieses Schlaglicht hinaus haben die 250 Delegierten an vier Tagen viel geschafft – gelegentlich auch unter Verzicht auf ein pünktliches Tagungsende. Anträge zu Themen wie Freiberuflichkeit über Klimaschutz bis zur Weiterbildung wurden – teils emotional –, in jedem Fall aber engagiert und sachkundig diskutiert, entschieden oder (an den Vorstand) überwiesen. Dass dabei das erstmals eingesetzte digitale Abstimmungsverfahren noch ein paar Anlaufschwierigkeiten hatte und sich bisweilen nur mit Mühe gegen eine Renaissance der guten alten Abstimmungskarte durchsetzen konnte, blieb am Ende eine Randnotiz.
In einem mit großer Mehrheit gefassten Beschluss hat der 127. Deutsche Ärztetag den Gesetzgeber aufgefordert, wichtige Reformen im Gesundheitswesen jetzt umzusetzen. Deutschland brauche eine ganzheitliche und nachhaltig ausgerichtete Gesundheitspolitik, in deren konzeptionelle Ausgestaltung der medizinisch-fachliche Sachverstand und das Versorgungswissen der Ärzteschaft einbezogen werden müsse. Nur die Partizipation der Akteure aus der Versorgung ermögliche praxistaugliche und planvolle Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit. Die Ärzteschaft sei bereit, hierfür Verantwortung zu übernehmen.
Eine bundesweite Strategie zur Gesundheitsbildung an Schulen war zentrales Thema. Mit großer Sorge blickt die Ärzteschaft auf die gesundheitlichen Folgen von Bewegungsmangel, Übergewicht oder Drogenkonsum bei Kindern und Jugendlichen. Der Ärztetag hat deshalb mit überwältigender Mehrheit nachhaltige Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitsbildung junger Menschen gefordert. (Beschluss)
Die Bundesregierung müsse zudem eine nationale Arzneimittelreserve für versorgungskritische und versorgungsrelevante Arzneimittel einrichten. Das haben die Abgeordneten angesichts anhaltender Lieferengpässe von Arzneimitteln gefordert. Auch müssten Anreize geschaffen werden, die Produktion von Arzneimitteln in europäische Länder zurückzuführen. (Beschluss)
Der Ärztetag hat sich ebenfalls intensiv mit der ärztlichen Freiberuflichkeit und den zentralen Herausforderungen für die freiheitliche ärztliche Berufsausübung befasst. Freiberuflichkeit beruhe auf Faktoren wie ärztlichem Berufsethos, Gemeinwohlorientierung und spezifisch ärztlicher Fachkompetenz. Daraus würden sich Therapiefreiheit und Weisungsunabhängigkeit bei ärztlichen Entscheidungen, aber auch eine hohe Verantwortung für diese Entscheidungen ableiten. (Beschluss)
Die Ärzteschaft lehnt die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) geplante vollständige Übernahme der gematik-Trägerschaft durch den Bund strikt ab. Die Ausgrenzung der bisherigen Gesellschafter aus der gematik passe nicht zu der Stärkung der Nutzerorientierung, die das BMG mit der neuen Digitalstrategie für das Gesundheitswesen angekündigt hat, kritisierten die Abgeordneten. Stattdessen müsse die Bundesärztekammer (BÄK) weiterhin Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte in der gematik haben, die der Rolle der Ärzteschaft im Gesundheitswesen gerecht werden. (Beschluss)
Bund und Länder müssen zudem die Reform der Approbationsordnung für Ärzte zügig voranbringen. Zukünftige Ärztinnen und Ärzte bedürfen einer modernen und praxisnahen Ausbildung an Patientinnen und Patienten. Die Umsetzungsfrist der Reform auf 2027 zu verschieben, sei „nicht hinzunehmen“. (Beschluss)
Fest steht nun auch mit Leipzig der Austragungsort des 129. Deutschen Ärztetages, dieser findet vom 27. bis 30. Mai 2025 statt. Kommendes Jahr treffen sich die Abgeordneten in Mainz.