Ärzte im weltweiten Einsatz

„Ich werde mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit stellen.“ So lautet der erste Satz des Genfer Gelöbnisses des Weltärztebundes, der modernen Form des hippokratischen Eids. Was diese persönliche Verpflichtung von Ärztinnen und Ärzten gelebt bedeuten kann, zeigen die Geschichten und Projekte von Organisationen wie „Ärzte ohne Grenzen“, „German Doctors“ oder „Medizin hilft Flüchtlingen“. Sie helfen dort, wo Staaten versagen, Kriege toben, Völkerrecht gebrochen wird, Naturkatastrophen wüten. Dabei ist die ehrenamtliche ärztliche Hilfe für notleidende Menschen längst nicht mehr auf die Dritte Welt beschränkt, sondern auch in Europa lebenswichtig geworden – teilweise mitten in Deutschland.

© ZAR-2013 / © Juan Carlos Tomasi

Die Gesundheitsversorgung in Deutschland ist im internationalen Vergleich vorbildlich. Vor allem der Zugang zu medizinischen Leistungen ist hervorragend. Es gibt aber Menschen in Deutschland, denen dieser Zugang ins System verwehrt ist: Ganz aktuell betrifft es auch die hohe Zahl an Flüchtlingen, deren Versorgung bislang meist nur über ehrenamtliches Engagement möglich ist.

Dr. Pia Skarabis-Querfeld lebt dieses Engagement. Sie ist Initiatorin und Gründerin des Berliner Projekts Medizin hilft Flüchtlingen. Es war nur ein Besuch in einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Dahlem, um Kleidung für die Menschen zu bringen, die ihr Hab und Gut in ihrer Heimat zurücklassen mussten – um des Überlebens willen. Was die Berliner Sportärztin dort sah, ließ sie sofort handeln: Es gab keinerlei medizinische Bereuung der Menschen, obwohl sie ganz offensichtlich nötig war. Skarabis-Querfeld betreute ab diesem Zeitpunkt gemeinsam mit ihrem Mann die Flüchtlinge und gründete kurz darauf die Initiative. Inzwischen betreut die Initiative in ganz Berlin etwa 3.500 Flüchtlinge an mehreren Standorten und koordiniert etwa 90 Ärzte und Ärztinnen, 50 Krankenschwestern und -pfleger sowie 30 Dolmetscher und weitere Helfer. Die Hartmannbund-Stiftung „Ärzte helfen Ärzten“ hat der Initiative im November vergangenen Jahres 5.000 Euro gespendet.

© Ärzte ohne Grenzen

In anderen Regionen dieser Welt ist die Gesundheitsversorgung – verglichen mit deutschen Verhältnissen – in einem rudimentären Zustand. Nicht selten ist sie nur mit ausländischer Hilfe möglich. Kommt dann noch eine Naturkatastrophe oder eine Seuche hinzu, droht die ganze Gesellschaft im Chaos zu versinken. Beim Ausbruch der Ebola-Epedemie in Westafrika vor zwei Jahren drohte genau das. Während die WHO versagte, leisteten auch deutsche Ärztinnen und Ärzte vor Ort dringend benötigte medizinische Hilfe. Sowohl Ärzte ohne Grenzen als auch German Doctors waren mit Mitarbeitern in den Ebola-Gebieten aktiv und leisteten dringend benötigte Hilfe.

Gleichwohl nimmt die Zahl der Einsätze auch in Europa zu, wie der Vorstandsvorsitzende von „Ärzte ohne Grenzen“, Dr. Volker Westerbarkey (Bild rechts), in einem Interview mit dem HB-Magazin betont. Seit 45 Jahren hilft die Organisation Menschen in Krisengebieten und ist in mehr als 60 Ländern aktiv. Auf den Massenexodus aus Syrien und die Flüchtlingsbewegungen aus Nordafrika reagierte „Ärzte ohne Grenzen“ sofort: Mit der Seenotrettung im Mittelmeer, mit der medizinischen Betreuung an Zielorten in Italien und Griechenland, auf der Balkanroute – zum Beispiel ganz aktuell in Indomeni –, und auch direkt in den Ländern, aus denen die Menschen fliehen, zum Beispiel Syrien, Afghanistan und Südsudan.

„Sehr viele Ärzte interessieren sich grundsätzlich für eine Mitarbeit bei uns“, so Westerbarkey im Interview. Sie seien bereit, unter einfachsten Bedingungen und mit hohem Sicherheitsrisiko zu arbeiten. Zunehmend werde jedoch auch erfahreneres Personal gesucht, um den örtlichen Anforderungen und der Professionalität gerecht zu werden. „Aktuell suchen wir neben erfahrenen Mitarbeitern, die Managementverantwortung vor Ort übernehmen können, und französischsprachigen Projektmitarbeitern vor allem Gynäkologinnen und erfahrene Chirurgen.“ (stp)

Mehr zu all diesen und anderen Projekten sowie das vollständige Interview mit Dr. Volker Westerbarkey lesen Sie im HB-Magazin 1/2016.