Der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, kommentiert das Ergebnis der von Bitkom und Hartmannbund gemeinsam durchgeführten Umfrage zur Digitalisierung des Gesundheitswesens wie folgt: „Die positive Botschaft ist, dass über die Sektorengrenzen hinweg die überwiegende Zahl der Kolleginnen und Kollegen die Digitalisierung als Chance zur Verbesserung der Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten begreifen. Die Akzeptanz ist in den vergangenen zwei Jahren deutlich gestiegen.“
Die Mehrzahl der Befragten wünschen sich mehr Tempo beim Ausbau digitaler Medizin und sehen hier auf lange Sicht eine Einsparmöglichkeit von Kosten. Deutschland werde hinsichtlich der Digitalisierung des Gesundheitssystems von anderen Ländern abgehängt, sind sich mehr als drei Viertel der Ärztinnen und Ärzten einig. Über 90 Prozent der Befragten kritisieren dahingehend die Komplexität des Gesundheitssystems. Vor allem die Bürokratie bremse die Digitalisierung aus. „Die übermäßige Regulierung und Fragmentierung des Gesundheitswesens steht dem weiteren digitalen Ausbau im Weg“, ist Reinhardt überzeugt. U. a. benötigen Anwendungen entweder zu lange bis zur Marktreife oder würden zu früh eingeführt, zudem erschweren zu strenge Datenschutzvorgaben die Weiterentwicklung. „Leider fehlt es hier an Zielgenauigkeit – digitale Angebote müssen zudem konsequenter am Nutzen bzw. an den Interessen von Patienten und Ärzten ausgerichtet sein. Das sollte die oberste Priorität sein“, betont der Hartmannbund-Vorsitzende.
Die Art der ärztlichen Tätigkeit präge die Einschätzung von Digitalisierung, hier zeigten sich Unterschiede. Die Nutzung digitaler Angebote in der Niederlassung sei derzeit noch zurückhaltender. Aber: „Von einer Spaltung der Ärzteschaft zu sprechen, wäre falsch. In Praxen und Kliniken haben die Kolleginnen und Kollegen mit unterschiedlichen Herausforderungen zu kämpfen.“ Die Mediziner in den Krankenhäusern müssten sich nicht mit der Bereitstellung und Instandhaltung der IT auseinandersetzen. Probleme fokussierten sich in der mangelhaften Kompatibilität der Anwendungen oder der Notwendigkeit von Doppeldokumentationen. Praxisinhaber müssten hingegen die technischen Voraussetzungen selbst schaffen und auf neuestem Stand halten, hinzu kämen nicht abgedeckte Beratungsleistungen für ePA etc. Zudem änderten sich die Anforderungen ständig. Auch die Digitalkompetenz der Patientinnen und Patienten müsse dringlichst gestärkt werden.
„Die Umfrage zeigt klar, dass digitale Anwendungen für sinnvoll erachtet werden. Klar ist aber auch, dass sich viele in der Niederlassung alleingelassen fühlen, ihnen werden von allen Seiten Steine in den Weg gelegt. Die Ärztinnen und Ärzten betrachten die Digitalisierung als großen Mehrwert in der Versorgung. Allerdings müssen die medizinischen, administrativen und wirtschaftlichen Voraussetzungen stimmen. Die Grundlagen dafür können nur von Politik, Ärzteschaft und der Industrie gemeinsam gelegt werden. Hier muss deutlich nachjustiert werden“, sagt Reinhardt.
Die ausführliche Auswertung der Umfrage ist als Download unter https://www.hartmannbund.de/umfrage-bitkom hinterlegt, die Pressemitteilung der Bitkom finden Sie unter folgendem Link:
https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Digitalisierung-Medizin-2022